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Garten

Wintergrüne Pflanzen und ihre mystische Bedeutung

Unsere Ahnen verehrten sie als heilige Gewächse, die von ewiger Lebenskraft künden und nebenbei allerlei Bösewichte abwehren. Servus-Expertin Miriam Wiegele über die uralte Symbolsprache und paracelsische Heilkraft wintergrüner Pflanzen.

Buchsbaum Immergrün Winter Frost Garten
Foto: Pixabay
Buchszweige sind als Fruchtbarkeitssymbol auch Bestandteil des Palmbuschens.

Wir sind es gewohnt, dass die Pflanzenwelt bei uns im Winter ihr Laubkleid abschüttelt. Umso sehnsüchtiger richten wir unseren Blick auf die Nadelwälder und das verheißungsvolle Grün, das uns Trost spendet und unseren Glauben ans Wiedererwachen der jetzt scheinbar leblosen Natur befeuert. 

Folgerichtig spielen immergrüne Pflanzen vor allem im Totenkult seit jeher eine bedeutende Rolle: als Kranz beim Begräbnis, dessen Grundgerüst immer aus Zweigen von Nadelgehölzen oder Buchs besteht; oder als Begleiter der Gräber am Friedhof. Von der Eibe glaubte man gar, dass ihre Wurzeln in die Münder der Toten wachsen und sie so vor bösen Geistern schützen: „Vor Eiben kann kein Zauber bleiben ...“ 

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Damit diese vermaledeiten Mächte, die man in vorwissenschaftlichen Zeiten hinter sämtlichen schiefen Nasen, hinter stechenden Blicken oder sonst wo vermutete, nicht auch noch den Lebenden an den Pelz rücken, schütze man sich mit Buchsbäumen. Links und rechts vor der Eingangstür pflanzte man sie, weil ihr Anblick den Teufel höchstpersönlich in die Flucht schlagen sollte. Und links und rechts vor vielen Eingangstüren stehen sie bis heute. 

Und welche Kräfte stecken wirklich in den Immergrünen? Schon Paracelsus, der große Arzt und Philosoph des Mittelalters, setzte Immergrün zur Behandlung seiner Patienten ein. Er bediente sich auf der Suche nach Wirk- und Heilstoffen der uralten Signaturenlehre, die aus dem äußeren Erscheinungsbild der Pflanzen ihre Kräfte ableitete. Immergrün ordnete er dem Gott Saturnus (im Griechischen: Kronos) als Herr über Zeit und Tod zu. Somit wurden diese Pflanzen besonders bei Altersleiden wie Arthrosen, Osteoporose, Arteriosklerose und vielen anderen -osen eingesetzt.

Servus Mondpost

Tanne (Abies alba)

Im Weihnachtsbrauchtum dient die Tanne, mit bis zu 50 Metern einer der höchsten Bäume Europas, seit Jahrhunderten als zauberabweisendes Grün. Der Christbaum ist dagegen ein eher neuzeitlicher Brauch. Tannenzweige wurden über Fenster und Türen gehängt, um vor dunklen Mächten zu schützen.

  • Als Arznei gebraucht man nicht nur den Tannenwipfelsirup, sondern vor allem Salben aus dem duftenden Harz, das eigentlich den Baum vor Wunden schützt und so auch dem Menschen Heilung bei Verletzungen bringt. 

Buchsbaum (Buxus sempervirens)

Seine biegsamen Zweige werden zu Kränzen gebunden, deren endlose Form für die Ewigkeit steht. Mit niedrig geschnittenem Buchs fasst man Beete ein, was (wie mir eine Bäuerin erzählte) vor Wühlmäusen schützen soll. Und natürlich begrüßt uns der Buchs vor der Eingangstür. Hexen verfallen der Legende nach beim Anblick der vielen Blätter in einen Zählzwang und haben so keine Zeit für bösen Zauber.

Wie der Hahn den Aufgang der Sonne verkündet, so vertreibt der Buchs die Kräfte der Finsternis, schrieb im 16. Jahrhundert der Prediger und Arzt Hieronymus Bock. Buchszweige sind als Fruchtbarkeitssymbol auch Bestandteil des Palmbuschens.

  • Medizinisch genutzt wird die giftige Pflanze nur homöopathisch gegen Altersleiden wie Rheuma. 

Buchsbaum
Foto: mauritius images / Klaus Steinkamp / Alamy
Der Bauchsbaum ist ein sehr langsam wachsendes Gehölz.

Efeu (Hedera helix)

Efeupflanzen werden bis zu 500 Jahre alt und sind mit dem Ginseng verwandt. Mit seinem dunklen, ledrigen, immergrünen Laub war der Efeu seit Urzeiten als Sinnbild des fortdauernden Lebens vor allem in der Weihnachtszeit bedeutsam. Geomanten sehen in stark wucherndem Efeu einen Zeiger für Störzonen, die Erkrankungen wie Krebs oder Rheuma begünstigen. Er soll auch an alten Gemäuern Spukplätze anzeigen, gleichsam Eintrittspforten in andere Welten. Weil sich Efeu nur dann voll entfaltet, wenn er sich an einem Untergrund festhält, ist er seit jeher auch Sinnbild für Liebe und Treue.

  • In der modernen Phytotherapie wird die klinisch gut untersuchte Heilpflanze gegen Husten eingesetzt. 

Efeu, Pfosten, Gartenwissen
Foto: Mauritius Images
Efeu nimmt auch gerne den Gartenzaun als Rankhilfe.

Wacholder (Juniperus communis)

Es gibt wohl kaum eine Pflanze unserer Heimat, die so häufig in Märchen, Sagen und Legenden vorkommt wie der Wacholder. Man könnte ihn wirklich als Wach-Halter bezeichnen, denn früher meinte man, seine anregenden Heilkräfte halten Schwerstkranke am Leben.

Auf Friedhöfen wurde er gepflanzt, da man glaubte, er bringe die Seelen der Verstorbenen zur Erde zurück. Und man brauchte ihn auch gegen das Verhexen der Milch und gegen sauren Wein. Viele Bauern schnitten sich Pfeifen aus Kranewittholz, damit der Tabak ihnen nicht schade.

  • Als Heilmittel nutzte man die Früchte, in Alkohol eingelegt, zum Einreiben gegen Hexenschuss und zum Einnehmen bei schlechtem Magen

Wacholder (Foto: Pixabay/ Bronislaw Drozka)
Foto: Pixabay/ Bronislaw Drozka
Wacholderbeeren tun dem Magen gut.

Stechpalme (Ilex aquifolius)

Die alten Druiden verehrten die Stechpalme als heiligen Baum. Ihre roten Beeren verkörperten die weibliche Energie, und ihre stacheligen Zweige wurden als Lebensruten geschnitten. Im Wintersonnenritual waren sie gemeinsam mit der Mistel Garant für das erblühende Leben im Frühling, und so verwenden wir die beiden ja noch heute.

Die Stechpalme liebt hohe Luftfeuchtigkeit und milde Winter, bei uns findet man sie vor allem in Vorarlberg sowie in Ober- und Niederösterreich. Als Schradlbaum hält sie dort die Schradln, die Nachtgeister, ab.

  • In der Bachblütentherapie hilft uns die Essenz, die „Stacheln einzuziehen“ und ein bisschen toleranter zu werden. 

Stechpalme Immergrün Winter Garten
Foto: Unsplash
Die Stechpalme vertreibt Geister.

Abendländischer Lebensbaum (Thuja occidentalis)

Die Thuje kam 1536 aus Nordamerika zu uns und wurde bald zu einer beliebten Friedhofspflanze, die eine Verbindung von Diesseits und Jenseits symbolisiert. Tatsächlich ist sie eher als das Gegenteil eines „Lebensbaumes“, weil sie Leben aus ihrer Umgebung vertreibt und auch für die meisten Insekten nicht nutzbar ist. Nur die Thujenminiermotte genießt ihr Gift und wird dadurch hungrigen Vögel gefährlich.

  • Etwas Gutes hat dafür eine Thujenhecke zur Straßenseite hin, weil die Pflanze Autoabgase filtert. Den Namen Lebensbaum verdient sie sich dennoch, weil ihre Inhaltsstoffe in spezieller Aufbereitung immunstärkend und gegen Viren und Warzen wirken. 

Tujenspalier, dazwischen ein Feldweg
Foto: Pixabay
Die Thuje bietet wenig Lebensraum für Vögel und Insekten.

Schneerose (Helleborus niger)

Sie ist eine Bewohnerin der Kalkalpen und öffnet ihre Blüten in milden Wintern an sonnigen, geschützten Stellen schon um Weihnachten. Neben Christrose sagt man auch Schwarze Nieswurz zu ihr, weil sie als Schnupftabak verwendet wurde. In der germanischen Mythologie ist die Schneerose ein verzaubertes Mädchen, das von seiner Tante in die Winterkälte hinausgejagt wurde. Paracelsus schätzte die Nieswurz besonders und sah in ihr ein lebensverlängerndes Mittel.

  • Sein „Elixier ad longam vitam“ war angeblich so wirkungsvoll, dass ihn neidische Arztrivalen deshalb ermordeten. Da die Schneerose sehr giftig ist, wird sie nur homöopathisch verwendet, etwa gegen Herzschwäche.

Schneerose Christrose Immergrün Winter Garten
Foto: Pixabay
Die Schneerose blüht, wenn es den meisten Blumenarten noch zu kalt ist.

Mistel (Viscum album)

Die Gallier und ihre Druiden nannten die Mistel die „Allheilerin“, ihr Saft galt als magisches Schutzmittel, das unbesiegbar machen sollte (siehe Asterix). Sie war so geheimnisvoll, weil sie hoch oben in den Bäumen wächst. Um ihre Zauberkräfte gegen böse Geister zu nützen, schmückte man vor allem in dunklen Winternächten, wenn die Wilde Jagd durch die Finsternis braust, das Haus damit. Misteln blühen im Spätwinter und fruchten mit grünen, leuchtenden Kugeln im Frühwinter.

  • In der Volksmedizin wird die Mistel noch heutzutage als Heilmittel bei Bluthochdruck sehr geschätzt. Und schön langsam etabliert sie sich auch als Begleittherapie bei Krebs.

Mistel im Baum
Foto: Pixabay
Die Mistel trägt im Frühwinter weiße Früchte.
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