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Endlich angekommen: Vom Leben und Bauen am Land

Die gebürtige Mostviertlerin Elisabeth Leitner ist Expertin für ländliche Baukultur und ist von Graz in ein selbst renoviertes Holzhaus am Land umgezogen. Im Servus Podcast erzählt sie, wie es dazu kam und was das Landleben so lebenswert macht.

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Elisabeth Leitner, Baupläne, Hausbau, Landleben
Foto: Michael Reidinger
Elisabeth Leitner beim Studium der Baupläne – die sie als Architektin selbst entworfen hat.

Schlussendlich hat ein Münzwurf den letzten Ausschlag für den Umzug aufs Land gegeben. Catharina Gaißmaier-Heindl traf die Architektin und Podcasterin Elisabeth Leitner zum Gespräch.

Schon wenn man ihre Wohnung in Graz betritt, weiß man: Diese Frau mag Räume und Dinge mit Geschichte. Keine unterkühlte Architektenwohnung wird da sichtbar, sondern liebevoll ausgewählte Möbelstücke mit der Patina vergangener Jahrzehnte und das Flair eines Altbaus an Türen, Fenstern und Wänden. „Und da, der Balkon in den Innenhof“, zeigt Elisabeth Leitner beim Kaffeekochen mit ihrer alten Bialetti nach draußen, „den werd ich vermissen. Dieser Innenhof, der hat im Sommer so ein richtig italienisches Flair!“

Alter Bestand wird zu eigenem Ding

Die Übersiedlung in ihr erstes eigenes Haus, einen 80er-Jahre-Holzbau in St. Radegund, steht bevor. Renoviert hat die 43-Jährige es gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Bernhard. Seit Monaten stehen sie in jeder freien Minute auf der Baustelle: „Ich hab schon als Kind gern an’packt und ummagschraubt. Zuerst hat man schon Respekt vor so einer Renovierung, aber man fangt halt an, den Keller zu isolieren, sieht, es funktioniert – und dann traut man sich über das Nächste drüber und das Nächste und sieht am Ende, was man gemacht hat.“ Das schöne Gefühl, das Traumhaus mit eigenen Händen an seine persönlichen Bedürfnisse angepasst zu haben – die Architektin findet es viel spannender, alten Bestand zu ihrem eigenen Ding zu machen, als in einen praktischen, aber sterilen Neubau zu ziehen.

Schritt für Schritt zum Traumhaus mit Ausblick in die Landschaft von St. Radegund.

Baukultur am Land

Das ist ihr Thema, im Berufsleben und in vielen Projekten, die sie selbst initiiert hat. Nach einer Jugend in St. Pantaleon im Mostviertel und 19 Jahren Wien beschäftigt sie sich mit dem, was sie selbst erfahren hat. Welche Auswirkungen hat Raum, sowohl Innenraum wie der umgebende Freiraum, auf unser Lebensgefühl und Verhalten? Was macht das mit einem, wenn beim Bau nicht nach Schönheit oder Kreativität, sondern nur nach Praktikabilität und Leistbarkeit entschieden wird? „Für mich ist die moderne Horrorvision vom ländlichen Raum dieses Sich-Einkasteln in Reihenhaus-Legebatterien. Jeder ist hinter einer hohen Hecke, es gibt keine Gemeinsamkeit, keinen Austausch, kein dörfliches Leben.“ Lieber arbeitet sie an einer positiven Zukunftsvision, der Förderung der Baukultur für ein lebendiges Miteinander der Landbewohner.

Man fängt halt an, den Keller zu isolieren, sieht, es funktioniert – und dann traut man sich über das Nächste drüber.“
Elisabeth Leitner

Die Freuden des Landlebens

Beruflich begleitet Elisabeth etwa drei bayerische und zwei steirische Gemeinden bei Elisabeth Leitner beim Studium der Baupläne – die sie als Architektin selbst entworfen hat. Die 43-Jährige und ihr Lebensgefährte Bernhard freuen sich auf ausgedehnte Rennrad-Touren. Dass sie schon als Kind gern „an’packt und ummagschraubt“ hat, macht sich heute bezahlt. ihren Entwicklungsprozessen zu einer regionalen Baukulturstrategie. Sie ist Obfrau des Vereins Landluft, der zur Förderung des Diskurses über Baukultur am Land auch Wettbewerbe mit Best-practice-Beispielen abhält und damit Wander- Ausstellungen und ein Buch herausbringt. Ihre Initiative „Rurasmus“ soll Studierende zu einer Art „Auslandssemester“ aufs Land bringen, wo sie sich an Projekten beteiligen. Und für den Podcast „Mutige Frauen braucht das Land“ holt sie Frauen vors Mikro, die dem Landleben mit ihren Ideen neue Impulse geben.

Elisabeth Leitner, Leben am Land, Porträt
Foto: Michael Reidinger
Elisabeth Leitner baut mit eigenen Händen ihr Traumhaus am Land – und die Freude darüber steht ihr ins Gesicht geschrieben.

Dass es ein gewisses Maß an Energie braucht, wenn man von der Stadt aufs Land zieht und sich dort integrieren will, weiß die Vielgereiste nur zu gut. Vor ein paar Jahren unterrichtete sie an der FH Kärnten als Professorin für Städtebau und siedelte dafür von Wien nach Spittal an der Drau. „Ich bin dann zum Beispiel zum Chor gegangen, weil ich super gern singe und man dort anknüpfen kann. Aber es muss einem klar sein: Mit 40 musst du da dran arbeiten und Zeit investieren, wenn du dir einen neuen Freundeskreis aufbauen willst.“ Nun kommt ihr zweiter Wechsel aufs Land, diesmal gemeinsam mit ihrem Partner. Worauf sie sich besonders freut? „Dass wir gemeinsam Dinge in der Natur machen, ein Ausgleich zur Kopfarbeit wie Wandern, Tourengehen, Rennradfahren!“ Lächelnder Nachsatz: „Ich bewege mich einfach gern!“