Luchs, Wildkatze, Österreich
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Auf den Spuren des Luchses

Wissenswertes über den Luchs und den Versuch, diesen in Österreich zu schützen.
Text: Klaus Kamolz

Auf leisen Pfoten – kein heimisches Raubtier bestätigt diese Redewendung mit jedem Schritt so sehr wie der Eurasische Luchs. Niemand hört ihn, niemand sieht ihn; er hinterlässt nur Spuren, Duftmarken und hin und wieder einen Riss. Wenn die Dämmerung hereinbricht, beginnt er, sich sicher zu fühlen. Dann durchstreift er weiträumige Waldgebiete, steckt sein Revier ab und sucht nach Nahrung.

Er lauert, spitzt seine charakteristischen Pinselohren, die minimale Schallwellen in den Gehörgang übertragen können, und muss ziemlich schnell sein. Über kurze Strecken von 20 bis 30 Metern erreicht er 70 Stundenkilometer. Kann ein Reh oder ein Hase auf dieser Distanz Abstand halten, hat der Luchs verloren. 
Aber oft schafft er es auch nah genug an seine Beute, denn so leise wie er selbst ist kein anderes Tier im Wald.

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Aus 50 Meter Entfernung hört er das Rascheln einer Maus, aus 500 Metern das Geräusch der Schalen eines Rehs auf dem Waldboden oder einer Schneeschicht. Er hat eben Ohren - wie ein Luchs.

Die vielen letzten Luchse

Der Luchs stand in Österreich vor dem Aussterben, weil er als Nahrungskonkurrent des Menschen betrachtet wurde. Es gab Belohnungen für Jäger gegen Vorweis einer Luchstatze. In alten Chroniken ist davon die Rede, dass etwa der bedeutende Wildbestand um Hinterstoder unter dem Luchs zu leiden hatte (im Jahr 1820), dass um 1800 die letzten Schreie eines Luchses auf der Ebenforstalm zu hören waren und der letzte 1821 im Almtal erlegt wurde. Aber ein Luchs wurde auch noch 1918 im Bregenzerwald geschossen.

Servus Mondpost

„Es wurden immer wieder letzte Luchse erlegt“, sagt Erich Mayrhofer, ehemaliger Direktor des Nationalparks Kalkalpen, „deshalb glaube ich, dass er nie ganz weg war. Ein paar Tiere haben sich wohl über viele Jahre versteckt halten können.“

Erst in den 1970er-Jahren setzte ein ökologisches Umdenken ein. Zunächst wurden Karpatenluchse in der Schweiz ausgewildert, dann welche in deutschen Nationalparks. Neun Raubkatzen erhielten 1976 auch in den Gurktaler Alpen, die sich über die Bundesländer Salzburg, Steiermark und Kärnten erstrecken, die Freiheit. Was aus dieser kleinen Population wurde, ist nur schlecht dokumentiert.

Luchse Luchs Wildkatze Luchsauge
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Die natürliche Mortalität eines Luchswurfes liegt bei 50 Prozent.

Mayrhofer hält den Skeptikern auch entgegen, dass sich Luchse, wie Untersuchungen gezeigt haben, positiv auf die Vitalität und Kondition von Rot- und Schalenwild auswirken. Sie halten die Tiere auf Trab. Nebeneffekt: Verbissschäden an der Vegetation verteilen sich über einen größeren Raum, die Zerstörung von kleinen Aufforstungsflächen wird gemindert. Luchse sind im Wald, was der Hecht im Karpfenteich ist; es gibt ja hierzulande sonst kaum Raubtiere, die Rehen oder Hirschen gefährlich werden können.

Für Erich Mayrhofer sind die sogenannten Biokorridore zur Vermischung der Luchspopulationen oberstes Ziel: „Wenn wir es so schaffen, die genetisch vielfältige Reproduktion einer Handvoll Luchse sicherzustellen, hat dieses Tier auch bei uns eine Überlebenschance.“ Fest steht, die Luchspopulation in Österreich ist gefährdet. 2019 wurden in den Kalkalpen nur sechs Tiere gesichtet.

Kleine Luchskunde

  • Der Eurasische Luchs (Lynx lynx) ist die größte heimische Katze. Der Bestand in Europa wird auf etwa 7.000 Tiere geschätzt, die zwischen den Pyrenäen und den Karpaten, zwischen Schweden und Bosnien-Herzegowina großteils isolierte Populationen bilden.

  • Die Kuder genannten Männchen werden bis zu 25 Kilo schwer, die weiblichen Katzen erreichen bis zu 20 Kilo. Charakteristisch sind die dunklen Flecken auf dem grau- bis rotbraunen Fell, die bei jedem Tier einzigartig angeordnet sind und somit eine Art Fingerabdruck darstellen. Der Schwanz des Luchses ist mit 20 bis 25 Zentimetern relativ kurz.

  • Mit den Haarbüscheln an den Ohren und dem längeren Backenfell kann die Raubkatze Schallwellen in Sinneseindrücke umwandeln; mit dem Backenfell, das auch aufgestellt werden kann, können die Tiere darüber hinaus Imponiergehabe zeigen. 

  • Luchse sind Lauerjäger, die ihre Beute nicht über längere Strecken verfolgen können. Sie töten durch Kehlbiss. Mit ihren breiten Pfoten (ohne Krallenabdrücke in der Fährte) sind sie in der Lage, auch auf Schneeschichten zu jagen. So kann der Luchs auch größere Beutetiere, etwa tief einsinkende Hirsche, reißen. Der tägliche Nahrungsbedarf beträgt 1 bis 1,5 Kilo Fleisch. 

  • Nach der Ranzzeit im Frühjahr bringt die Katze nach etwa 70 Tagen zwei bis fünf Junge zur Welt, die bis zum nächsten Frühling bei der Mutter bleiben. Die Mortalität der Jungen ist mit 50 Prozent ziemlich hoch.

  • Luchse reagieren auch auf alle für Katzen gefährlichen Krankheitserreger. Die Lebenserwartung wildlebender Luchse beträgt 10 bis 15 Jahre.

Servus-Info:
Im Gebiet des Nationalparks Kalkalpen, der größten Waldregion der Ostalpen, können Luchse tagelang ungestört von der Zivilisation unterwegs sein und ausreichend große Reviere begründen.  Ein Luchs wiegt ca. 20 kg. Zum Vergleich: Eine gewöhnliche Hauskatze hat ca. 4 kg.

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