Warum derzeit so viele Schlangen in Österreich gesichtet werden
Es werden derzeit viele Schlangen gesichtet. Auch in Wien. Ist das normal zu dieser Jahreszeit?
Helga Happ vom Reptilienzoo Happ: Es werden deshalb vermehrt Schlangen gesichtet, weil der untypisch kühle Mai die Nahrungsaufnahme der Schlangen verhindert hat. Den Winter verbringen die Schlangen in der Winterstarre. Nach dem Aufwachen beginnt die Paarungszeit und erst im Mai beginnt die Zeit zum Fressen. Schlangen sind wechselwarm und brauchen die Sonnenwärme zum Verdauen. Der Mai war zu kalt und hat die Schlangen in Zugzwang gebracht. Wenn sie nämlich zu wenig zum Fressen haben, überstehen sie den nächsten Winter nicht. Da zehren sie von den Nahrungsreserven, die sie im Körper gespeichert haben. Also fressen die Schlangen ab Juni und nützen zum Verdauen die Wärme, die von Gartenmauern und Hausmauern ausgestrahlt wird. Deshalb sehen wir Menschen die Schlangen jetzt häufiger, als wenn sie irgendwo im Abseits verdauen.
Sind sie durch die Hitze eventuell auch angriffslustiger?
Helga Happ: Ja, durch die Hitze sind die Schlangen beweglicher. Sie brauchen Wärme, um ihre Betriebstemperatur zu erreichen. Aber sie beißen immer nur zu ihrer Verteidigung. Also Schlangen nicht angreifen oder fangen, dann passiert auch nichts.
Wie sollte man sich verhalten, wenn man einer Schlange begegnet?
Helga Happ: Wenn man auf eine Schlange trifft, sollte man zuerst ruhig stehen bleiben, um sie nicht zu beunruhigen. Wenn sie nicht flüchtet, bitte einen kleinen Umweg machen. Wir Menschen passen nicht in ihr Beuteschema, wir sind viel zu groß zum Fressen, also werden wir nur als Bedrohung empfunden. Wenn ich der Schlange ausweiche, nicht näher komme, sie nicht anfasse, hat sie auch keinen Grund sich zu verteidigen, also zuzubeißen.
Welche Schlangen sind in Österreich giftig, wo sind sie eher anzutreffen und wie erkennt man sie auseinander?
Helga Happ: In Österreich gibt es nur zwei Giftschlangenarten – die giftige Kreuzotter (Vipera berus) und im Süden (Kärnten und Teile der Steiermark) die giftige Hornviper (Vipera ammodytes). Beide sind leicht an ihrem dunklen Zackenmuster auf dem Rücken (Kreuzotter und Hornviper) oder der tiefschwarzen Färbung (schwarze Kreuzotter im Gebirge) zu erkennen.
Stehen alle heimischen Schlangen unter Naturschutz?
Helga Happ: Alle heimischen Reptilien stehen unter Tierartenschutz. Es ist verboten, sie zu fangen oder gar zu töten.
Was sollte man bei Bissunfällen tun?
Helga Happ: Nach einem Bissunfall bitte die Ruhe bewahren und sich hinsetzen. Der Gebissene sollte beruhigt werden, da das Gift schmerzhaft wirkt. Dann die internationale Notrufnummer 112 wählen, die funktioniert auch im Gebirge. Auf Arzt/Rettungsfahrzeug/Hubschrauber warten. In der Zwischenzeit: Ringe und Uhr entfernen, da die Bissstelle anschwillt. Unsere Notrufnummer ist ebenfalls rund um die Uhr erreichbar und lautet 0664 100 51 99.