Brot & Gebäck

Berchtesgadener Stuck

Ab Allerheiligen werden in Berchtesgaden seit jeher goldgelbe, süße Roggenbrötchen gebacken. Doch während der Bäcker mit Korinthen im Teig sparte, gab die Omi von Journalist Kilian Pfeifer für ihr Enkerl eine Extraportion obendrauf.

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Foto: Ingo Eisenhut
Am besten schmeckt das Gebäck mit Butter bestrichen und einem Häferl Kakao.  

Ab Allerheiligen bis kurz vor Nikolaus hatte mein Schulweg immer einen besonderen Höhepunkt: den Bäcker um die Ecke. Noch lieber aber ging ich zu meiner Omi (das „i“ ist wichtig, denn meine zweite Großmutter war die Oma). Sie wohnte bei uns im Haus im Stockwerk obendrüber.

Und dort war ich als Kind dann dabei, wenn das goldbraune Roggengebäck entstand. Allein sein Duft sorgte für ein Leuchten in meinen Augen.

Alles andere als ein Arme-Leute-Essen

Das bekannte Gebäck gibt es nur wenige Wochen im Jahr zu kaufen, und für uns Kinder gehörte der „Berchtesgadener Stuck“ in der Zeit ab Allerheiligen einfach dazu. Das kugelförmige Gebäck wird traditionellerweise in Sechser-Tafeln gefertigt – zwei Zeilen zu je drei Stuck –, so machte das natürlich auch meine Omi.

Für die Familie buk sie manchmal gleich mehrere Tafeln. Eine für meine Eltern und eine nur für mich in der Schulpause.

  • Die Bekanntheit des Stucks hat es nicht weit gebracht: Er existiert nur in Berchtesgaden und den vier kleinen Nachbargemeinden des Talkessels. Das und der Geschmack machen das Gebäck mit weihnachtlichen Gewürzen wie Zimt und Nelke zu einer Einzigartigkeit.

Und meine Omi wusste, wie es uns allen am besten schmeckt. Vielleicht war es die Extraportion Butter, die sie verwendete? Oder das Mehr an Korinthen? Sie traf auf jeden Fall immer den Geschmack genau so, dass der Stuck vom Bäcker dagegen keine Chance hatte. Trotzdem mussten wir ab und zu, wenn Omi mal nicht in Backlaune war, auf die Bäckerware als Pausenausstattung zurückgreifen.

Es steht und fällt mit den Korinthen

Das, was den Stuck ausmacht, sind – neben den Gewürzen – die süßen Korinthen. Zwar mögen nicht alle Kinder Korinthen, wir aber liebten sie; vielleicht auch, weil wir es nicht anders kannten. Ein Stuck ohne Korinthen ist wie ein Schweinsbraten ohne Fleisch. Den konnte die Omi übrigens auch besonders gut zubereiten.

Die Geschichte des Stucks begann in alten Zeiten: Überliefert und immer wieder gern erzählt wird die Anekdote, dass die Taufpatin, die „Godn“, ihrem Patenkind zu Allerheiligen eine Tafel Stuck schenkte – und noch ein bisschen Geld dazu, das sogenannte Stuckgeld. Damit konnte man sich entweder noch einen Stuck holen oder das Geld in die Spardose werfen. In Berchtesgaden ist das Stuckgeld unter den Einheimischen noch weit verbreitet.

Die Omi gab es uns, auch wenn sie gerade selbst keinen Stuck im Ofen hatte. Früher wurde Stuck zudem an Allerseelen armen Leuten gereicht, denen das Stuckbetteln in dieser Zeit erlaubt war. Ein „Vergelt’s Gott“ reichte als Dank.

Wohltat und Wohlgenuss mit einem Roggengebäck – so hat sich der Stuck als Arme-Leute-Essen seinen Namen gemacht. Heute kann ihn jeder kaufen, auch die Tradition mit Allerheiligen hat man etwas aufgeweicht – und man findet den Stuck bereits ab Schulbeginn in den Läden.

Meine Omi lebt nicht mehr, aber die Rezepte gibt es noch. Manchmal werden sie in der Familie nachgebacken – und trotzdem hat es bei der Omi noch einen Ticken besser geschmeckt.

Zum Autor: Kilian Pfeifer ist freier Journalist und schreibt für Tageszeitungen und Magazine über seine Heimat, das Berchtesgadener Land. Omis Rezept hat er noch nicht ausprobiert, weil er aber auf Stuck ungern verzichten möchte, kauft er ihn beim Bäcker ums Eck.

Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im November 2024 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.

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Menge Gesamtzeit
18 Stück 1:45 Stunden
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Zutaten
400 g Weizenmehl
100 g Roggenmehl
30 g frische Hefe
285 g lauwarmes Wasser
10 g Zucker
5 g Salz
1 TL gemahlener Zimt
1 Messerspitze Nelkenpulver
170 g Korinthen (erst kurz vor Ende der Knetzeit dazugeben)
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Zubereitung
  1. Beide Mehle in eine große Schüssel sieben und in der Mitte eine Mulde formen.

  2. Die zerkleinerte Hefe, ein wenig lauwarmes Wasser und Zucker in die Mulde geben. Kurz verrühren und etwa 15 Minuten ruhen lassen, um einen klassischen Hefeteig entstehen zu lassen.

  3. Die restlichen Zutaten ohne Korinthen zufügen und gründlich kneten. Zum Schluss Korinthen einarbeiten. Den glatten Teig zu einer Kugel formen. An einem warmen Ort etwa 20 Minuten ruhen lassen.

  4. Den aufgegangenen Teig in achtzehn gleich große Stücke teilen und jeweils zwischen den Händen rund schleifen.

  5. Auf dem Backblech jeweils sechs Stücke zu einer Tafel zusammenfügen, nochmals 30 Minuten abgedeckt gehen lassen.

  6. Backrohr inzwischen auf 250 °C Ober-/ Unterhitze vorheizen.

  7. Teig mit Wasser bestreichen und im Ofen auf der zweiten Schiene von unten rund 20 Minuten goldbraun backen.

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