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Garten

Ein Wunder namens Dahlie

Mitten im 18. Bezirk in Wien, wo früher Wein wuchs, bietet sich jeden Herbst ein atemberaubender Anblick. Tausende bunter Dahlien leuchten dort im milden Sonnenlicht. Servus zu Gast bei Dahlienflüsterer Gerhard Wirth.

Dahlie Dekorativ-Dahlie Blüte Blume Pflanzenportrait
Foto: Pixabay
Das Aussehen der Dekorativ-Dahlie ähnelt dem der Seerose.

Gerhard Wirth genießt die ruhigen Morgenstunden, in denen er am Freitag und Samstag Dahlien schneidet. Später kommt er kaum noch dazu, denn an diesen beiden Tagen hält er seine Gärtnerei geöffnet. Vor allem im Herbst, wenn die Dahlien blühen und sich in ihrer ganzen Schönheit präsentieren, ist der Besucherandrang besonders groß. Wer sich an Dahlien erfreuen will, muss schon jetzt für die nächste Saison vorsorgen.

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Dutzende Sorten, die auch Laien anhand der Schrifttafeln identifizieren können, blühen im Schaugarten: wuchtige Dekorativ-Dahlien, solche, die Seerosen ähneln oder mit ihren stacheligen Blütenblättern an Kakteen erinnern, und gedrungene Pompon-Dahlien. Die Menschen schlendern mit interessierten Blicken durch den Schaugarten und notieren ihre Lieblinge für das nächste Jahr. Rechtzeitig im April müssen die Knollen in die Erde.

Dahlienexperte Gerhard Wirth ist im Hauptberuf für die Ausbildung der Wiener Gärtner zuständig. Botanische Fachkenntnis war ihm schon immer wichtig; das mag auch der Grund sein, warum er sich – wie früher sein Vater – intensiv mit der Entwicklung neuer Sorten beschäftigt. Wer in diesem Bereich kein Dahlienflüsterer ist, steht auf verlorenem Posten.

Servus Mondpost

„Dahlien haben bereits meinen Großvater wegen der enormen Vielfalt ihrer Blüten fasziniert. Sie verfügen über achtfache Chromosomensätze – der Mensch hat einen zweifachen –, spalten bei Kreuzungen extrem auf und lassen sich daher besonders gut für züchterische Zwecke verwenden“, erklärt Gerhard Wirth.

Wenn er neue Dahlien hervorbringen will, sagt er, sei die Überraschung immer groß.

Die eigentliche Arbeit beginnt mit der Auswahl. Hier gilt es, mit kritischem Blick die besten Sorten für die Weitervermehrung zu finden. „Die purpurfarbene Purple Joy etwa hat zu schwache Knollen“, erklärt der Züchter, „ich kreuze sie deswegen mit der Sorte Spartacus, um diese Eigenschaft zu verbessern. Mit dem Ergebnis bin ich aber noch nicht ganz zufrieden. Manchmal dauert es lange, bis eine wirklich gute neue Sorte entsteht.“

Dahlien gehören zu den Korbblütlern. Ihre Blüten sind, botanisch gesehen, Blütenstände; jedes scheinbare Blütenblatt ist eine eigene Zungenblüte. Bei manchen Sorten kann man die Röhrenblüten im Inneren sehen, viele Dahlien aber blühen, wie es in der Fachsprache heißt, gefüllt und bestehen überwiegend aus Zungenblüten. Trotzdem tummeln sich auch auf ihnen Hummeln und Bienen auf der Suche nach Nektar.

Das Gebrumme rund um die Zungenblütler ist allerdings nicht ganz selbstverständlich, wie der Dahlienkenner weiß: „Wer sich so eine Zungenblüte genau anschaut, sieht erst am Ende der Zunge die Staubgefäße. Pollen müssen da sein, sonst könnte man keine Samen abnehmen. Insekten sind aber bequem und fliegen bevorzugt dorthin, wo der Tisch reich gedeckt ist. Bei uns tun sie sich trotzdem die Mühe an und kriechen in die gefüllten Dahlien.“

Kalte Nächte bringen Farbe 

Dann geht Gerhard Wirth in seinem Schaugarten ein paar Schritte weiter. Vorbei an Hirschgeweih-Dahlien, bei denen die Blütenblätter an Geweihe erinnern, und Halskraus-Dahlien, deren Zungen andersfarbig und in Krausenform erstrahlen.

Bei Dahlien entstehen die intensivsten Farben durch kühle Nächte, im Sommer sind die Töne etwas blasser. Auch Nährstoffe im Boden beeinflussen ihre Blühbereitschaft. Wird zu viel gedüngt, produzieren die Pflanzen hauptsächlich Blattmasse. Wenn zu viel Stickstoff eingebracht wird, bilden sich nur kleine Blüten, und auch die Knollen entwickeln sich schlecht – was im nächsten Frühjahr für Enttäuschung sorgen kann: Sie zerfallen dann förmlich zu Staub. Daher lautet die Devise beim Düngen: Weniger ist mehr. Beim Auspflanzen reicht eine Dosis Spezialdünger, der im Verhältnis der Hauptnährstoffe verstärkt Kali und Phosphor enthält. Später genügt es, alle drei Jahre gut verrotteten Kompost einzuarbeiten.

Halskraus-Dahlie Dahlie Blume Blüte Pflanzenportrait
Foto: Pixabay
Bei Halskraus-Dahlien erstrahlen die Zungen andersfarbig.

Dahlienknollen müssen im Herbst, nachdem der Frost die oberen Triebe gezischt und schwarz gefärbt hat, aus der Erde. Den Winter über lagern sie kühl und dunkel in luftigen Kisten; Erdkeller eignen sich dafür ideal. Im April dürfen sie wieder zurück ins Gartenbeet; zu große Knollen werden vor dem Auspflanzen geteilt. „Ich decke in der Gärtnerei den Boden mit Bändchengewebe ab, da kommt kein Unkraut durch, und es verdunstet auch weniger Wasser“, beschreibt Gerhard Wirth seine arbeitssparende Kulturmethode.

Der Herbst ist dann die Zeit, in der sich die Dahlien für die sorgsame Pflege bedanken. Als optisch reizvolle Schnittblumen halten sie in der Vase etwa fünf Tage. „Wenn allerdings das Wasser zu riechen beginnt, ist es für die Blumen zu spät“, sagt Gerhard Wirth und empfiehlt deshalb, möglichst wenig Wasser in die Vase zu geben und regelmäßig geringe Mengen nachzugießen. Die weichen, fleischigen Stiele sind nämlich sehr anfällig für Bakterien und Fäulnis. Ein Dahlienstrauß sollte auch niemals in der Sonne stehen, seine Blätter dürfen keinesfalls ins Wasser ragen.

Ein Butterbrot mit Dahlienblüten

Draußen im Garten setzen vor allem Schnecken dem gesunden Wachstum zu. Schnecken sind gnadenlos; sie können die jungen Pflänzchen eines Beetes innerhalb kürzester Zeit kahlfressen. „Wichtig ist deshalb“, sagt Gerhard Wirth, „gleich beim Einsetzen der Knollen biologisches Schneckenkorn zu streuen, selbst wenn die Tiere noch gar nicht da sind. Noch besser ist es, die Dahlien in Töpfen vorzuziehen, dann werden sie größer und kräftiger und stecken später die Angriffe besser weg.“

Aber die Pflanzen erfreuen nicht nur das Auge. Gerhard Wirth pflückt eine Blüte und kostet sie; die roten sind die süßesten. Über einen Salat gestreut wirken Dahlien überaus dekorativ, auch auf einem Butterbrot machen sie gute Figur.

Wer sich ihnen mit Hingabe widmet, wird darüber hinaus mit dem Insignium der Blumenfreunde geadelt. „Man braucht nur viele Dahlien zu schneiden, und schon hat man einen grünen Daumen“, sagt Gerhard Wirth, lacht und hält seine von Stielen und Blättern gefärbte Hand in die Luft.

Kaktus-Dahlie, Dahlie, Blume, Blüte, Pflanzenportrait
Foto: Pixabay
Die Kaktus-Dahlie erinnert mit ihren stacheligen Blütenblättern an Kakteen.

Die bunte Welt der Dahlie

  • Magic Night 
    Gruppe:
    Halskrausen-Dahlie
    Blüte: klein, 10–15 cm Durchmesser, schwarzrot mit weißer Krause
    Höhe: 120–150cm
    Besonderheiten: spektakuläre Farbkombination

  • Jugendstil 
    Gruppe: Ball-Dahlie
    Blüte: klein, 10–15 cm Durchmesser, rosa, purpurfarbene Sprenkelung und Zentrum (wirkt insgesamt fliederfarben)
    Höhe: 80–110 cm
    Besonderheiten: eigene Züchtung von Dr. Gerhard Wirth (Vater des Gärtners)

  • Bishop of Llandaff 
    Gruppe: Halskrausen-Dahlie
    Blüte: klein, 10–15 cm Durchmesser, scharlachrot, Duplex-Dahlie (hat zwei Blütenkränze zu je 8 Zungenblüten)
    Höhe: 80–110 cm
    Besonderheiten: dunkles Laub, Fernwirkung, nicht für dunkle Gärten geeignet

  • Uranus 
    Gruppe:
    Hirschgeweih-Dahlie
    Blüte: mittelgroß, 15–20 cm Durchmesser, lachsorange
    Höhe: 120–150 cm
    Besonderheiten: reichblühende Neuzüchtung von Gärtner DI Gerhard Wirth

  • Costa Blanca 
    Gruppe:
    Kaktus-Dahlie
    Blüte: mittelgroß, Durch- messer 15–20 cm, weiß
    Höhe: 80–110 cm
    Besonderheiten: sehr reich blühend

  • Biedermannsdorf 
    Gruppe: Semikaktus-Dahlie
    Blüte: groß, 20–25 cm Durchmesser, gelb-rot gesprenkelt
    Höhe: 120–150 cm
    Besonderheiten: bewährte Schnittsorte, „Mainau- Dahlienkönigin“, Selektion aus der Sorte „Vulkan“

  • Fabuleux 
    Gruppe: Dekorativ-Dahlie
    Blüte: riesenblütig, über 25 cm Durchmesser, lila bis weinrot, spätblühend
    Höhe: 120–150 cm 
    Besonderheiten: anfällig bei Regen, in manchen Jahren späte Blüte.

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Foto: Pixabay
Eine wuchtige Pompon-Dahlie.

Dahlie (Dahlia)

Familie: Korbblütler (Asteraceae)

Herkunft: Mexiko, bei uns nicht winterhart, die Knollen müssen im Haus überwintert werden.

Standort: Sonnig, windgeschützt. Boden: Jeder normale, gut wasserdurchlässige Boden; nicht zu viel Stickstoff düngen.

Blüte: Frühsommer bis zum ersten Frost.

Wuchs: Je nach Sorte zwischen 30 und 150cm hoch.

Farbe: Alle außer Blau.

Sorten: Nach Blütenformen in Gruppen eingeteilt, und zwar in Einfachblütige, Anemonenblütige, Dekorativ-, Halskrausen-, Seerosen-, Ball-, Pompon-, Kaktus- und Semikaktus-Dahlien.

Garten: Im April Knollen setzen oder im Mai nach den Eisheiligen auspflanzen; große Knollen teilen. Vorkultur in Töpfen hilft gegen Schneckenfraß. Später zum Schutz vor Wind und Regen rechtzeitig anbinden und verblühte Blüten regelmäßig ausputzen, denn das fördert die Nachblüte.

Pflege: Bei hohen Sorten gleich beim Pflanzen einen stabilen Stützstab setzen. Während des Sommers mehrmals düngen und für ausreichend Feuchtigkeit sorgen.

Dahlien-Kultur DI Gerhard Wirth: 
Leschetitzkygasse 11, 1180 Wien, Tel.: +43/1/479 53 83, www.dahlienwirth.at 

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