Wohnen, Hausbesuch, Stiegenaufgang
Foto: Susi Biro

Hausbesuch in St. Kathrein am Offenegg

Die Familie Pichler, die nahe der Gemeinde St. Kathrein am Offenegg wie im Paradies lebt, weiß: Wer ein schönes Haus haben will, braucht entweder einen reichen Onkel in Amerika oder einen wie den Luis, der ein „bisserl Zeit für Spielereien“ hat.
Text: Susi Biró, Fotos: Harald Eisenberger

Stolz sitzt er in der Stube, der Onkel Luis. Er weiß, wenn sein Neffe Josef und dessen Frau Maria ihn nicht gehabt hätten, würde der Hof nicht so ausschauen wie heute. Trotzdem ist er bescheiden geblieben. Foto will der 71-Jährige keines von sich machen lassen. „Na, ich hab den jungen Leuten ja nur geholfen“, sagt er ganz leise. „Ich bin schließlich der Onkel und hab jetzt in der Pension a bisserl Zeit für solche Spielereien.“

Schon der erste Blick auf das Anwesen verrät freilich, dass hier ein bisserl mehr als ein bisserl Zeit draufgegangen ist, bis das ehemalige Bauern- und Mühlenhaus
so dagestanden ist wie heute. Nahe der steirischen Gemeinde St. Kathrein am Offenegg gelegen, fügt es sich perfekt in die malerische Teichalm-Sommeralm-Landschaft, das größte geschlossene Almgebiet Europas.

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Das Haus war „Nebensache“

Als Josefs Eltern das Grundstück vor 35 Jahren kauften, war der alte Hof darauf Nebensache. „Meinen Schwiegereltern hat das Sägewerk gehört, das wir jetzt führen, und die waren nur an den sechs Hektar Wald interessiert“, sagt Maria.

Servus Mondpost

„Damals haben noch zwei alte Schwestern des Bauern im Haus gewohnt“, erinnert sich Onkel Luis. „Die Weibln, Johanna und Maria, haben nur kaltes Wasser g’habt und mit einem einzigen Ofen g’heizt. Sommer wie Winter sind s’ zum Plumpsklo in den Hof gegangen. Im Dachboden befanden sich eine alte Selch und Unmengen von Krempel. Und gezogen hat’s überall wie in einem Vogelhäusl.“

Vor 15 Jahren schließlich starben die beiden Frauen, und es wurde Familienrat abgehalten: Soll das alte Haus einfach abgerissen werden? Nein! „Es hat uns allen irgendwie leid drum getan. Die Gegend ist so wunderschön, der Mühlbach fließt gleich vor dem Haus, und wandern kannst bis zum Eibisberg rauf. Wir wollten auch, dass unsere Kinder in diesem Paradies aufwachsen“, erzählt Maria.

Und dann trat Onkel Luis auf den Plan. Der frühere Tischler und Restaurator aus Leidenschaft hatte sofort eine ganze Menge Ideen, wie man aus dem „Vogelhäusl“ ein wahres Kleinod machen könnte.

„Unser Glück war unter anderem, dass die stille Post bei uns in der Gegend so gut funktioniert“, sagt er und lacht. Bald haben nämlich alle gewusst, dass die Pichlers renovieren und gutes Material brauchen.

Davon abgesehen, sammelte der findige Onkel vor allem aus Abbruchhäusern gutes Holz und so manches schöne Stück ein, das heute ein besonderes Platzerl hat. Hatte der Luis, was er wollte, ging alles ruck, zuck. Dann warf er zum Beispiel gleich die Säge an, um alte Trame in Bretter zu schneiden, mit denen dann die Innenmauern neu verkleidet wurden. „Zur Dämmung haben wir übrigens beste Schafwolle eingezogen. Das macht die Räume auch wohlig warm“, erklärt der Luis.

Der Jogltisch, ein Meisterstück

Wenn man heute die schöne Holzdecke in der Stube sieht, ahnt man nicht, dass sie noch vor ein paar Jahren mit Stroh bedeckt und unter einer dicken Schicht Farbe versteckt war. Hier steht auch das Meisterstück von Luis: der große Jogltisch aus Birnholz und Wiesenahorn. „Wennst so einen baust, musst aufpassen. Weil wenn die Tischplatte nicht weit genug über dem Unterteil vorsteht, haut sich jeder die Knie an“, erklärt er, stolz, wie sehr ihm dieses Bauernmöbel gelungen ist.

Dabei sind all seine anderen Arbeiten mindestens ebenso gut geglückt, seine Ideen aufgegangen. So stammen etwa die Bodenbrettln aus einer alten Presse und die Karniesen vor den kleinen Fensterln aus dem vielen alten Holz, das die Leute gebracht haben. „Ich hab daraus auch ein durchgehendes Bord gezimmert, das über den Karniesen verläuft und auf dem die Maria ihre vielen gesammelten Häferln auf- stellen kann“, erklärt der Tischleronkel.

Von der großen, gemütlichen Stube führt eine Tür in die Küche. „Der Herd sieht zwar rustikal aus, aber er wurde nachgebaut und spielt alle Stückln“, verrät uns Maria, die sich sichtlich über diesen Komfort freut. „Außerdem gibt er gute Wärme.“

In der Zwischenzeit ist auch Marias Schwiegermutter Christine mit den drei Kindern der Pichlers heimgekommen. Hannah, 12, Leonhard, 10, und Jonas, 2, lieben das Haus, das die Familie in jeder freien Minute nützt. „Wir spielen draußen am Bach, fischen die Forellen aus dem Teich, und das Wasser schmeckt auch viel besser als sonst wo, weil wir unsere eigene Quelle haben“, erklärt Leonhard. Und wusch, schon sind die drei draußen.

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Abgesehen von der Stube und der Küche gibt es im Erdgeschoß auch noch ein Bad. Und was für eines! Mit viel Liebe haben Maria und ihr Mann die Steinwand, die unter Putz und Farbe versteckt war, wieder freigelegt. Mitten im Raum steht die Dusche, und damit ausreichend Licht in den einst finsteren Raum fällt, wurde die Zwischenwand, die diese Wohlfühloase vom Vorraum trennt, nicht ganz hochgezogen und der obere Teil verglast.

Schlafen in der alten Selch

Neben dem Bad, gleich bei der Eingangstür, führt eine steile Holztreppe in den oberen Teil des Hauses, in dem die Schlafzimmer untergebracht sind. Links das der Eltern und rechts das für die drei Kinder. Kaum vorstellbar, dass hier einst eine Selch und alles mit Gerümpel vollgestellt war.

„Aber außer diese Dinge zu entfernen, mussten wir nicht viel verändern“, erzählt der Onkel. Das alte Holz wurde ordentlich auf Vordermann gebracht und die beiden Räume entzückend eingerichtet.

Schlafen in der alten Selch

Neben dem Bad, gleich bei der Eingangstür, führt eine steile Holztreppe in den oberen Teil des Hauses, in dem die Schlafzimmer untergebracht sind. Links das der Eltern und rechts das für die drei Kinder. Kaum vorstellbar, dass hier einst eine Selch und alles mit Gerümpel vollgestellt war.

„Aber außer diese Dinge zu entfernen, mussten wir nicht viel verändern“, erzählt der Onkel. Das alte Holz wurde ordentlich auf Vordermann gebracht und die beiden Räume entzückend eingerichtet.

Auch hier finden sich Schätze, die Maria auf Flohmärkten ergattert hat. „Wenn ich Zeit hab, fahr ich zeitig in der Früh los, manchmal sogar 40 Kilometer weit bis nach Graz, und schau, ob ich was Hübsches finde“, sagt sie.

So wunderbare Schmuckstücke wie die vielen schönen Spiegel oder wie die Kommode vor der Schlafzimmertür. Oder wie die den Heiligen Geist symbolisierende hölzerne Taube, die über dem Bett der Pichlers hängt und die Familie beschützen soll.

Erst kürzlich schaute auch der Sohn vom Onkel Luis wieder mit einer Überraschung vorbei. Er hatte im Internet einen Holzluster gefunden, der jetzt bei den Kindern im Zimmer hängt. „Er ist so lustig, weil auf ihm zwei alte Leut im Trachtengewand sitzen. Wir drehen ihn dauernd auf und ab“, sagt Hannah, die kurz nachgeschaut hat, wo wir sind.

Mehr Zeit zum Plaudern will sie sich aber nicht nehmen. Sie muss wieder raus zum Bacherl und zum Teich. Dort warten ja die Geschwister. Und die Forellen.

So wird's gemacht: Wie man mehr Licht in sein Badezimmer bekommt

„Um mehr Helligkeit ins Badezimmer zu bekommen – was in einem alten Haus mit dunklen Räumen und kleinen Fenstern gar nicht so leicht ist –, haben wir einen einfachen Trick angewandt“, sagt Maria Pichler. „Wir haben die Zwischenwände, die wir aufstellen mussten, nicht bis ganz zur Decke gezogen, sondern die letzten 50 Zentimeter offen gelassen. Dort wurde dann Fensterglas eingepasst. So ist die Intimsphäre gesichert, andererseits fällt nun wesentlich mehr Licht ins Bad – und das ohnne großen technischen Aufwand.“

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