Kärntner Weltmutter

„Als sechsten Gang: Reis, gekocht mit Mandelcreme ... welche Speise auf Deutsch Weltmutter heißt.“, heißt es in den Aufzeichnungen über das Bankett auf Burg Finkenstein an dem auch Noar Paolo Santonino vor mehr als 500 Jahren teilnahm. Freilich hat sich das Rezept im Lauf der Zeit gewandelt.

• War im Original noch schlicht von Reißmehl und gestoßnen Mandeln die Rede, kamen später Nelken und Zimt dazu. Heute nimmt man Marzipan statt geriebener Mandeln und einen Beerenmix statt Kirschen.

Woher hat das Gericht seinen Namen?

„Es muss eine weit verbreitete Speise gewesen sein, da sie in fast jeder Rezeptsammlung seit 1350 vorkommt“, sagt der Sprachwissenschaftler Heinz-Dieter Pohl, der sich mit historischen Kärntner Kochbüchern beschäftigt. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Begriff mit der Welt- oder Urmutter Demeter, die als Inbegriff der Natur gilt, in Zusammenhang steht.“

Wenn es um die Geschichte von Land und Leuten im späten Mittelalter geht, gelten seine Reiseberichte als besonders aufschlussreich: Der italienische Notar Paolo Santonino bereiste gegen Ende des 15. Jahrhunderts auch das heutige Kärnten; mehrmals kam er in Begleitung von Pietro Carlo, dem Bischof von Caorle, bis an die Ufer der Drau, den damals nördlichen Rand der Diözese.

Akribisch beschrieb Santonino Landschaften und Städte, Menschen und Kultur. Mit besonderer Liebe zeichnete er auf, was mit Essen zu tun hatte. Und gibt damit bis heute beeindruckendes Zeugnis der mittelalterlichen Küche der Region.

Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im Jänner 2018 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.