Vorspeise

Leberknödelsuppe

„In der Welt meiner Großmutter war die Leberknödelsuppe auch wirklich etwas ganz Besonderes: ein Festtagsessen. Es gab sie – wie Braten oder Schnitzel – zu Hochzeiten oder anderen Anlässen“, verrät uns Thomas Weber über das Lieblingsrezept seiner Oma.

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Foto: Ingo Eisenhut
 

Vor ein paar Monaten wäre sie hundert geworden. Ich habe an ihrem Geburtstag ihren Kaktus gegossen, der in meiner Küche weiterlebt und jedes Jahr von Weihnachten bis Ostern blüht.

Und ich habe schmunzelnd an ihre Leberknödel gedacht. Die hat mir meine Oma jedes Mal gemacht, wenn ich sie im Ausgedinge am Biohof meines Onkels im Waldviertel besucht habe – weil sie nämlich dachte, dass ich Leberknödelsuppe ganz besonders gerne esse.

Als sie mir das allererste Mal einen Schöpfer heiße Suppe über die von ihren kleinen, abgearbeiteten Händen geformten Bällchen in den Teller goss, hatte ich es irgendwie verabsäumt, ihr zu sagen, dass es sich dabei um ein Missverständnis handelt.

Dass ich Leber eigentlich gar nicht mochte, auch nicht mit Bröseln, Mehl und Kräutern zu Knödeln verfeinert. Das hat sie zeitlebens nicht erfahren. Wahrscheinlich hätte sie es mit großer Gelassenheit genommen, hätte ich den Irrtum aufgeklärt. Doch ich löffelte brav und freute mich, dass sie sich freute.

„Großmüttern widerspricht man nicht.“

Erst recht nicht, wenn sie einem stolz die Suppenschüssel samt einem Extrateller Leberknödel zum Nachnehmen vorsetzen, weil man die ja so gerne esse.

In der Welt meiner Großmutter waren Leberknödel auch wirklich etwas ganz Besonderes: ein Festtagsessen. Es gab sie – wie Braten oder Schnitzel – zu Hochzeiten oder anderen Anlässen, für die ein Schwein abgestochen wurde.

Später, als es am Hof keine Kühe mehr gab, aber längst eine Gefriertruhe, da musste meine Großmutter Milch und Rahm zukaufen. Und die Leber landete – am Schlachttag frisch durch den Fleischwolf gedreht – in kleinen Rahmbechern im Eis, perfekt portioniert für eine sonntägliche Suppeneinlage.

Manchmal gab es auch selbst gemachte Nudeln. Aber meistens, wenn meine Eltern, mein Bruder und ich zum Besuch angekündigt waren, stellte Oma in der Früh, noch bevor sie sich in die Kirche aufmachte, den Becher mit der Leber zum Auftauen in die Küche und weichte alte Semmeln ein.

Beim Heimkommen holte sie Majoran, Petersilie und Schnittlauch aus ihrem Gartl. Und wenn wir dann da waren, alle heiligen Zeiten, gab es vor dem Schnitzel oder dem Braten eine Leberknödelsuppe. Mit ganz viel Schnittlauch obendrüber.

Mittlerweile habe ich Innereien schätzen gelernt. Nur im Gasthaus verzichte ich auf Fleisch, dessen Herkunft und Haltung ich nicht kenne. Aber hin und wieder kaufe ich mir im Bio-Hofladen meines Vertrauens Leberknödel und ein paar Knochen und stell mir zu Hause eine Suppe auf. Alle heiligen Zeiten halt, so wie das bei der Oma auch immer war.

Zum Autor: Thomas Weber, 44, dem Gründer und Herausgeber von Biorama – Magazin für nachhaltigen Lebensstil, sind von seiner Großmutter drei Dinge geblieben: ihr altes Nudelbrett, ein prächtig blühender Kaktus – und die späte Liebe zu Leberknödeln.

Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im April 2022 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.

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MengeZubereitungszeitGesamtzeit
4 Portionen25 Minuten50 Minuten
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Zutaten
1/2kleine Zwiebel, gehackt
30 gButter
2 ELgehackte Kräuselpetersilie
120 gKalbsleber
2trockene Semmeln
etwas Milch
1Ei
1/2 TLgetrockneter Majoran
Salz, weißer Pfeffer
1 PrisePiment
Semmelbrösel nach Bedarf
Außerdem
1 lRindsuppe
viel Schnittlauch zum Bestreuen
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Zubereitung
  1. Zwiebel in Butter weich dünsten, etwas überkühlen lassen und mit Petersilie vermengen.

  2. Die Leber am Schneidbrett mit dem Messer aus der Haut schaben und fein cuttern.

  3. Rinde der Semmel mit einer Gemüsereibe abreiben und Semmeln in kleine Würfel schneiden. Semmelwürfel in wenig Milch einweichen und leicht ausdrücken.

  4. In einer Schüssel die Leber mit der Semmelmasse und dem Zwiebel-Petersil-Gemisch, dem Ei und Gewürzen gut verrühren.

  5. Bei Bedarf noch etwas Brösel zugeben und die Masse 10 Minuten im Kühlschrank ziehen lassen.

  6. Aus der weichen Masse mit feuchten Händen kleine Knödel formen und diese etwa 10 Minuten in leicht wallendem Salzwasser garen.

  7. Leberknödel aus dem Kochwasser heben, abtropfen lassen und in die heiße Rindsuppe setzen. Mit viel Schnittlauch bestreut servieren.

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