Hauptspeise

Omas Bayerischer Schweinsbraten

In einen bayerischen Schweinsbraten kommen meist die gleichen Zutaten. Welche die wichtigste ist, hat Max Wochinger von seiner Oma beigebracht bekommen.

Semmelknödel auf einem geblümten tiefen Teller, Kartoffelsalat mit Schnittlauch und roten Zwiebeln, Schweinsbraten mit knuspriger Kruste auf einem alten Holzbrett, daneben liegt ein altes Messer mit Holzgriff.
Foto: Ingo Eisenhut
Je mehr die Kruste knuspert umso besser schmeckt Omas Schweinsbraten.  

Es braucht nicht immer Worte, um das Glück zu beschreiben.

Es war während meines Studiums, als ich einmal ausgemergelt zurück auf den Hof meiner Oma kam. Freunde hatten mich überredet, einen Monat lang vegan zu leben. Kein Käse, keine Eier, Fleisch sowieso nicht. Da ich mich nicht weiter mit meiner Diät auseinandergesetzt hatte, sondern thematisch mehr auf die Erstsemesterpartys konzentriert war, hatte ich einen Monat lang Nudeln mit Gemüse und Tomatensoße gegessen. Also ausschließlich. Als ich das meiner Oma erzählte, schüttelte sie nur wortlos den Kopf.

Wahrscheinlich dachte sie, wie die Städterer nur so blöd sein können, sich so etwas freiwillig anzutun – und jetzt kam auch noch der eigene Enkel damit daher. Sie sagte aber nichts dazu. Am nächsten Tag schrie sie wie immer pünktlich um halb zwölf durch die dünnen Holzböden des Bauernhauses: „Maaaaaaaaaax. Zum Essn is’s.“

Als ich in die Küche kam, machte ich große Augen: Der ganze Tisch war voll mit niederbayerischen Schmankerln. Da war der Schweinsbraten mit Semmelknödeln und Kartoffelsalat, die Schüssel mit Krautsalat, in den sie kleine Speckwürfel geschnitten hatte, da war der Rote-Bete-Salat. Den gab’s fast zu jeder Mahlzeit. Ich setzte mich und fing an zu essen. Es schmeckte so gut. Die Oma schaute mir zu, wie ich den dritten Knödel in mich hineinstopfte; Worte brauchte es nicht, um mein Glück zu beschreiben. Wir verstanden uns oft auch ohne zu sprechen.

Der hungrige Bua, der ich schon immer war, hätte nicht glücklicher sein können. Vor einigen Jahren habe ich viele Stunden mit meiner Oma in der Küche verbracht, um ihre Gerichte in Rezepten niederzuschreiben. Auf meine Frage, wie viel Hefe in den Dampfnudelteig gehört, antwortete sie: „A bissl hoid.“ Als ich wissen wollte, wie viel Zucker sie in den Apfeldatschi gegeben hatte, sagte sie: „Mei, a wengerl.“ Von der richtigen Temperatur für den Braten brauchte ich gar nicht erst anzufangen – der Küchenofen hatte nicht einmal ein Thermostat.

Omas Kernbotschaft

Die wichtigste Regel beim Kochen ist das Gefühl. Deshalb schmeckt wohl auch jeder Schweinsbraten – selbst wenn er aus den gleichen Zutaten gemacht wird – anders. Jede Nachbarin und jede Freundin von ihr hatte eine eigene Art, den Klassiker zuzubereiten. Inzwischen ist meine Oma im Pflegeheim. Ans Kochen ist nicht mehr zu denken.

Ab und zu nehme ich den Ordner mit ihren Rezepten zur Hand und koche Semmelschmarrn, Hollerko, Erdäpfekas oder eben Schweinsbraten. Wie viel von den Zutaten in die Schüssel oder in die Pfanne kommt, steht nicht in dem Gekritzel. A wengerl hoid.

Zum Autor: Max Wochinger ist in der Nähe von Simbach am Inn aufgewachsen und lebt in München. Er begann zunächst eine Lehre zum Koch, entschied sich aber später für eine Karriere als Journalist und schreibt u. a. für Zeit online und Die Welt.

Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im MÄrz 2025 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.

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Menge Gesamtzeit
5 Portionen 3 Stunden
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Zutaten
150 g Zwiebeln
200 g Karotten
1 rote Paprika
1 kg Schweinswammerl mit Schwarte
Salz
Pfeffer
1 TL scharfes Paprikapulver
700 ml Wasser
Soßenbinder
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Zubereitung
  1. Backrohr auf 200 °C Heißluft vorheizen.

  2. Zwiebeln und Karotten schälen, mit Paprika in kleine Stücke schneiden.

  3. Die Fettschicht vom Wammerl in Streifen einschneiden. Die Fleischseite mit Salz, Pfeffer und Paprikapulver einreiben.

  4. Wammerl mit der Fettschicht nach unten in ein Reindl legen und 10 Minuten anbraten. Anschließend wenden, Gemüse um den Braten verteilen und die Fleischseite ebenfalls 10 Minuten anbraten.

  5. Temperatur auf 150 °C Heißluft senken und etwas Wasser angießen. Den Schweinsbraten ca. 2½ Stunden braten und dabei immer wieder Wasser zufügen. Zum Schluss die Kruste unter dem Grill des Ofens aufpoppen lassen.

  6. Fleisch mit schöner „Knuspi“ aus dem Reindl nehmen und die Soße mit Soßenbinder leicht andicken. Den Schweinsbraten mit Semmelknödeln und Kartoffelsalat servieren.

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