Brauchtum, Klapotetz, Wein
Foto: Peter Podpera

Der Klapotetz: Von Vogelscheuchen, die Wahrzeichen sind

Man begegnet ihm in der Südsteiermark an allen Ecken und Enden, dem Klapotetz – jenem Windrad, das die Trauben schützen soll. Die Vögel freilich fallen auf diesen alten Trick schon lange nicht mehr rein. Über die Geschichte und Bedeutung des Klapotetz.
Text: Achim Schneyder, Fotos: Peter Podpera

Im Steirischen Weinland, speziell in der Südsteiermark, wo gleichsam hinter jedem Eck einer der schönsten Flecken Erde lauert, gibt’s ein Geräusch, das speziell zwischen 25. Juli und 11. November ein verlässlicher Begleiter ist, wenn man auf den Spuren des Genusses wandelt. Ein stetes Klappern ist es, ein ewiges Rattern, und entfernt erinnert es bisweilen an den metallischen Klang einer Maultrommel. Mal tiefer, mal höher, mal andante, mal forte. Oft auch fortissimo, wenn der Wind heftig bläst und der Klapotetz so richtig in seinem Element ist.

In Wahrheit ist er ja nichts anderes als ein Windrad, der Klapotetz. Ein Windrad, das Krach macht, zumindest in den Ohren der Vögel. Und diese soll er bitte schön verscheuchen und so die kostbaren Weintrauben vor unerwünschten Fressangriffen schützen. „Allerdings haben die Vögel recht bald begriffen, dass von diesem Geräusch keine wirkliche Gefahr für sie ausgeht. Heute ist der Klapotetz mehr ein Wahrzeichen und eine Attraktion für Besucher“, erzählt Hartmut Aubell, Winzer aus Ratsch, und präsentiert stolz den seinen, der im Weingarten thront.

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Brauchtum, Klapotetz, Wein
Foto: Peter Podpera
Marianne Elsneg mit Winzer Hartmut Aubell im Weinberg.

„Der ist neu“, sagt er, „denn der alte hat seinen Geist aufgegeben, nachdem er fünf Jahre lang tagein, tagaus Sonne, Regen, Eis und Schnee ausgesetzt gewesen war.“ 1.000 Euro hat er für diesen Klapotetz mit vier Meter Spannweite bezahlt. Damit zählt er zu den eher größeren. Hergestellt wurde er von Franz Skrabel aus Gamlitz, einem der wenigen, die dieses traditionelle Handwerk noch wirklich pflegen. „1.000 Euro und ein paar Kisten Wein.“

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Von Jacobi bis Martini

Aubell lächelt. Auch den neuen wird er wieder das ganze Jahr über stehen lassen, während der Großteil der mehr als 500 Klapotetze in der Steiermark auf- und wieder abgebaut wird. Stichtage hierfür sind der Tag des heiligen Jakobi am 25. Juli und Martini am 11. November. Und während der Abbau sang- und klanglos über die Bühne geht, ist das Aufstellen stets ein recht feierlicher Akt.

„Bei uns in Ratsch beispielsweise gibt es die Jakobi-Wanderung“, erzählt Aubell. „Da schlendert man von Winzer zu Winzer, die alle ihre Klapotetze schon am frühen Vormittag aufgebaut haben, überall gibt’s etwas zu trinken, manchmal auch Musik. Und dann gibt es eine letzte Station, da steht der Klapotetz noch nicht, und dort wird er dann in einem großen Festakt in Handarbeit, quasi wie ein Maibaum, aufgestellt.“

Die Geschichte des Klapotetz geht zurück ins Jahr 1797. Leopold Kretzenbacher hat den Brauch in seinem Buch Windradl und Klapotetz erstmals schriftlich erwähnt. Aus dem Jahr 1832 gibt es eine Darstellung des Schlosses Wisell bei Cilli mit einem Klapotetz, und auch Erzherzog Johann besaß 1836 auf seinem Weingut in Pickern einen solchen.

Vier Hölzer für eine Tradition

Der Klapotetz bestand damals und besteht auch heute noch aus einem Windrad mit Welle und Klöppeln. Der Name stammt aus dem Slowenischen – klopótec, zu Deutsch: Klapper. Im Slowenischen und im Österreichischen Wörterbuch ist der Klapotetz männlich, im südsteirischen Sprachgebrauch hingegen oft weiblich, wohl abgeleitet aus „die Windmühl’“.

Als Material für die Herstellung werden vier Holzarten benötigt:

  • Fichte (oder auch Tanne oder Lärche) für die Flügel

  • Buche für die Klöppel

  • Esche oder Kastanie für den Block

  • Kirsche für das Schlagbrett

Letzteres darf nicht durch ein anderes Material ersetzt werden, denn nur Kirschbaumholz erzeugt schrille Töne und wahrscheinlich auch Töne im Ultraschallbereich, die die Vögel am ehesten fernhalten. „Wenn sie sich überhaupt fernhalten lassen“, stöhnt Hartmut Aubell.

Der Riese vom Demmerkogel

Am hinteren Ende des Klapotetz werden zudem oft Birkenbuschen als Windfahne und Gegengewicht angebracht. Der größte Klapotetz steht übrigens auf dem Demmerkogel nahe Kitzeck auf 670 Höhenmetern, ist 16 Meter hoch, das Schlagwerk mit Windrad wiegt 3,4 Tonnen, der Eichenholzstamm 2,6 und jeder einzelne Klachel 40 Kilo. Ein wirklich gewaltiges Ding also.

Jetzt frischt der Wind auf, und Hartmut Aubell schenkt gerade vom Sauvignon blanc nach. „Jetzt klingt’s ein bisserl nach Maschinengewehr, oder?“, sagt er. Stimmt, aber man könnte, und das ist deutlich sympathischer, auch an einen Zug denken, der über die Gleise rattert. Und einen geradewegs ins steirische Weinland bringt ...

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