Nachspeise

Schwarzbeer-Schmarrn

Stundenlang saß Verena Randolf zwischen den Stauden, wenn die Schwarzbeeren reif waren. Mit blauem Mund, schwarzen Fingern und auf Befehl der Oma – die Schwarzbeerschmarrn machen wollte.

Schwarzbeeren, Schmarre, Holzbrett, Geschirrtuch, Gabel, Pfanne
Foto: Ingo Eisenhut
Fein gezuckerter Schmarrn, schmeckt direkt aus der heißen Pfanne am besten.  

Mein schönster Besitz und zugleich mein schrecklichster ist das Kochbuch meiner Großmutter. Ein braunes Notizbuch mit glatten Seiten, von der ersten bis zur letzten Seite in kleinster Kurrentschrift beschrieben. Vollkommen unleserlich. Irgendwo auf diesen Seiten stehen die Rezepte für Apfelstrudel, Götterspeise und Biskuitroulade. Der Geschmack einer Kindheit, zwischen den Zeilen verloren gegangen und trotzdem da.

Ein Schwarzbeerschmarren und die Mühsal des Brockens

Das Rezept für Schwarzbeerschmarrn, mein Lieblingsrezept, liegt lose im Kochbuch. Ein Schatz in Form eines aus einer Zeitschrift getrennten Blattes. Gut leserlich. Wenn es mir entgegenflattert, muss ich an meine Oma denken. Eine strenge Frau und sehr herzlich.

Bei den Schwarzbeeren kannte sie keinen Pardon: Wenn die reif waren, hockten mein Opa, mein Bruder und ich so lange in den Stauden, bis unsere Küberln voll waren. „Schnell angreifen, schnell wieder auslassen!“, war die einzige Antwort, die wir über Jahre hinweg auf unser Jammern und Klagen bekommen sollten.

Das war ihre Herangehensweise an unliebsame Arbeiten: Augen zu und durch. Ein kluger Ansatz. Die Schwarzbeeren aus den vier vollen Küberln reichten für Schwarzbeerschmarrn im ganzen Jahr. Mit einer dicken Schicht Staubzucker, die das Schwarzviolett der Beeren vollkommen unter sich begrub.

Was das Kochbuch meiner Oma nun zu meinem schönsten Besitz macht, ist eine beiläufige Notiz: Als junges Mädchen, mitten im Krieg, schrieb sie zwischen all die Rezepte: „Da sind ganz feine Sacherln drin. Wenn man nur alle hätte.“

Und meine Urgroßmutter antwortete ihr im Satz darunter: „Wenn der Krieg zu Ende ist, mache ich wieder eine pfundige Torte. Hoffentlich, dass alles gut vorübergeht.“ Nach dieser Notiz haben beide bis ins hohe Alter gelebt. Und noch jede Menge pfundiger Torten gegessen.

Zum Autor: Verena Randolf ist Journalistin und lebt in Wien. Was sie hervorragend kann, ist Schwarzbeeren brocken. Damit kochen kann sie nicht.

Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im Juli 2021 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.

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MengeZubereitungszeitGesamtzeit
4 Portionen20 Minuten30 Minuten
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Zutaten
250 gfrische Schwarzbeeren (Heidelbeeren)
2 TLVanillezucker
250 mlMilch
170 gglattes Mehl
4Eidotter
4Eiklar
1 PriseSalz
60 gFeinkristallzucker
30 gButter
Staubzucker zum Bestreuen
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Zubereitung
  1. Schwarzbeeren mit Vanillezucker mischen, dabei ruhig ein paar Beeren andrücken.

  2. Für den Teig Milch und Mehl mit einem Schneebesen glatt rühren. Dann die Dotter unterrühren.

  3. Eiklar mit Salz und Zucker zu einem geschmeidigen Schnee schlagen.

  4. Schwarzbeeren mit Eischnee und Dotterteig luftig vermengen.

  5. Die Grillfunktion des Backofens einschalten.

  6. In einer großen beschichteten Pfanne Butter zerlassen und die Masse eingießen. Bei moderater Hitze ca. 5 Minuten auf dem Herd backen. Mit einem Spatel den Teig leicht anheben, um zu prüfen, ob die Teigunterseite bereits gebräunt ist.

  7. Sobald dies der Fall ist, die Pfanne in den Ofen auf die untere Schiene schieben und auf Sicht goldbraun fertigbacken.

  8. Den Schmarrn in der Pfanne mit zwei Gabeln in Stücke reißen und noch warm mit Staubzucker bestreuen.

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