Nachspeise

Grießschmarrn

Martin Staudinger berichtet uns über eine Kindheit als Tellerwäscher und Revolverheld und über den himmlischen Grießschmarrn der Großmutter.

Grießschmarrn, Staubzucker, Gabel, Holz
Foto: Ingo Eisenhut
Mit den Worten flaumig und köstlich lässt sich Omas himmlischer Grießschmarrn am besten beschreiben.  

So etwas Gutes habe ich nur einmal im Leben gegessen, aber seither nie wieder (und ich bezweifle, dass sich das noch ändert): Dazu muss man wissen, dass ich damals fünf Jahre alt und die Köchin meine Oma war.

„A bissl a Mehl, a wengal a Milch, gnuag Zucker.“

Wir schrieben die 1970er, und die Oma, Pepi hieß sie, hatte noch einen holzbefeuerten Küchenherd, weil Elektroöfen einfach nicht in ihre Welt passen wollten. Auf diesem Küchenherd schob die Oma Reindln und Pfannen nach Gesetzen hin und her, die nur sie und die anderen Holzofen-Omas kannten. Wer sonst hätte gewusst, wie viele Scheite zu welchem Zeitpunkt welche Hitze an welcher Stelle der eisernen Platte erzeugten?

Ich muss wahrscheinlich nicht erwähnen, dass die Rezepte, die die Oma preisgab, gemeinhin folgende Mengenangaben enthielten: „A bissl a Mehl, a wengal a Milch, gnuag Zucker.“ „Wie viel ist das?“, fragte meine Mutter dann (weil Väter und Söhne so etwas damals noch nicht fragten). „Na ja, so viel halt, dass’s passt.“

Es war auch in der Zeit, in der es sogar in meinem winzigen Heimatort im Salzkammergut noch Kirtage gab und mir mein Opa, Franz hieß er, bei dieser Gelegenheit verbotenerweise ein Stoppelgewehr kaufte, was zu einem gröberen familieninternen Zerwürfnis (weil: keine Waffen zum Spielen!) führte. Das Stoppelgewehr wurde folgerichtig in einen Stoppelrevolver umgetauscht. Währenddessen stand die Oma am Herd und machte Grießschmarrn.

Und meiner Erinnerung nach war dieser Grießschmarrn dermaßen weiß, flaumig und köstlich, dass er mir (dem damals angehenden Ministranten) eher wie eine Mahlzeit für die putzigen kleinen Engelchen auf dem Deckenfresko der Kirche vorkam als für mich – dreckige Fingernägel, aufgeschlagene Knie und Haare, die in unregelmäßigen Abständen unter die Küchenschere, aber nie zum Friseur kamen.

Ich erwies diesem Genuss Respekt, indem ich den Teller nicht nur leer aß, sondern auch ausschleckte, und zwar gründlich. Anschließend teilte ich der Oma meine Begeisterung in wohl- formulierten Worten („Ma, woa des guat!“) mit und trug ihr gleichzeitig auf, dass sie den Teller keinesfalls abwaschen dürfe, sondern sofort ins Regal stellen müsse, weil ich ihn ohnehin blitzblank gemacht hätte.

Oma lehnte das ab, ich beharrte. Sie lehnte vehement ab, ich beharrte noch vehementer. Erst als ich mit dem Äußersten drohte, gab sie nach. Seither suche ich nach einem Grießschmarrn wie dem von damals. Gefunden habe ich ihn bislang nicht, vielleicht, weil es jetzt zwar wieder holzbefeuerte Herde gibt, die dazugehörigen Omas aber nicht mehr.

Sollte mir das doch gelingen, werde ich es mit dem Teller genauso machen wie damals, das schwöre ich: Und wenn ich dafür nochmals zum Stoppelrevolver greifen muss!

Zum Autor: Martin Staudinger, 1968 in Bad Ischl geboren und am Traunsee aufgewachsen, leitet seit kurzem den täglichen Newsletter der Wiener Wochenzeitung „Falter“. Als Alterswerk hat er sich die Wiederbesiedelung des Salzkammerguts zur Perfektionierung von Grießschmarrn-Rezepten vorgenommen.

Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im April 2021 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.

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MengeZubereitungszeitGesamtzeit
4 Portionen40 Minuten1 Stunde
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Zutaten
60 gHartweizengrieß
300 mlMilch
1 Stück(e)Zimtstange
1Gewürznelke
1-2 TLechter Vanillezucker
80 gglattes Mehl
3Eidotter (Größe M)
3Eiklar (Größe M)
1 PriseSalz
70 gFeinkristallzucker
40 gButter
Außerdem
Kristallzucker zum Bestreuen
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Zubereitung
  1. Den Grieß in einer Pfanne trocken rösten, bis er leicht zu duften beginnt.

  2. Milch mit Gewürzen und Vanillezucker einmal aufkochen. Grieß unter Rühren einrieseln lassen und bei kleiner Hitze cremig köcheln. Anschließend warm abkühlen lassen.

  3. Zimtstange und Nelke aus dem Grieß entfernen. Mehl und Eidotter mit dem Grieß glatt rühren.

  4. Eiklar mit Salz in einer fettfreien Schüssel mit einem Handmixer cremig rühren. Zucker langsam einrieseln lassen und zu geschmeidigem Eischnee schlagen.

  5. Eischnee möglichst luftig unter die Grießmasse heben.

  6. In einer großen beschichteten Pfanne 20 g Butter zerlassen und die Grießmasse eingießen. Bei moderater Hitze auf dem Herd zugedeckt ca. 5 Minuten backen. Mit einem Spatel den Teig leicht anheben und prüfen, ob die Teigunterseite bereits gebräunt ist.

  7. Den angebackenen Schmarrn behutsam wenden, restliche Butter zufügen und in ca. 4–5 Minuten auf kleiner Hitze fertig backen.

  8. Den Schmarrn in der Pfanne mit zwei Gabeln in Stücke reißen.

  9. Mit Zucker bestreut servieren.

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