Die mystische Macht der Gemeinen Hasel
Servus-Expertin Miriam Wiegele kennt sich wie keine andere mit den erstaunlichen Heilkräften der Natur aus. Wie nutzten bereits die Kelten die mystische Macht der Gemeinen Hasel und was hat es mit der kecken Redewendung „in die Haseln gehen“ auf sich?

Vor 9.000 Jahren bedeckte der Haselstrauch riesige Flächen in Mitteleuropa, da er ein optimales Klima, nämlich warm und trocken, vorfand. Als Pionierpflanze gelang es ihm nach den Birken, die infolge der Gletscher der Eiszeit baumlos gewordene Tundrenlandschaft zu besiedeln. Auf diese „ Haselzeit“ folgte durch eine weitere Klimaänderung, bei der das Klima zu feucht und warm wechselte, die Zeit der Eichenmischwälder.
Allmählich verdrängten diese den kleinen Haselstrauch. Auch heute wächst er bevorzugt an sommertrockenen Waldrändern und in Hecken. Im Neolithikum waren diese Hecken, in der Weißdorn, Schlehen, Wildrosen oder Brombeeren wuchsen, die Grenze zwischen Siedlungen und Wildnis. Die Hecke schützte vor wilden Tieren, aber auch vor den Waldunholden, Dämonen und Geistern. Der Haselstrauch war wegen der kräftigen Stecken, die sich aus dem Strauch schneiden lassen, und wegen seiner nahrhaften Nüsse eines der wichtigsten Heckengehölze.
Die Kraft der Haselruten
Die Kelten waren überzeugt, dass das Haselgehölz Schutz vor chaotischen Kräften und Energien wie Blitzschlag, Feuer, Schlangen, wilden Tieren, Krankheiten und bösem Zauber bringt. Andererseits dachten sie, dass dieser Strauch hilft, sich mit der Anderswelt der Naturgeister zu verbinden, die in Form von Regen, Hagel, Wind und Wolken erscheinen.
Die alteuropäischen Schamanen benutzten den Haselstrauch, um es regnen zu lassen und Blitze zu lenken. Noch im Mittelalter steckte man bei Ausbruch eines Gewitters Haselstrauchzweige ans Fenster. Insbesondere Hexen sollen die Hasel genutzt haben, wie in einer Prozessakte aus dem 17. Jahrhundert zu lesen ist: Ein Teufel überreicht einer Hexe einen Haselstab und heißt sie damit in den Bach zu schlagen, worauf ein Platzregen erfolgt. Eine andere Prozessakte aus Tirol beschreibt: Ein Hexenbub peitschte mit einer Haselgerte das Wasser, bis ein Wölkchen davon aufstieg.
Nicht lange darauf ging ein Gewitter nieder. Immer wieder vermuteten die Bauern, dass Hexen ihre Milch stahlen. Folgendes Mittel sollte den Zauber aufheben: Zwei Haselstäbe wurden zu einem Kreuz gebunden, drei magische Wörter eingeritzt, mit dem Wachs der Osterkerze beträufelt, ein weißes Tuch darübergelegt und die verhexte Milch durchgegossen – die Hexenmacht war dahin.
Die Kelten nahmen den Haselstrauch in ihr Baumalphabet auf und gaben ihm die Nummer 9. Der Strauch war der Weißen Göttin geweiht, die neun Priesterinnen hatte. Die Haselnüsse galten als Symbol der Fruchtbarkeit. Bis in dieses Jahrhundert wusste man, dass der Haselstrauch mit sexueller Liebe zu tun hat. „In die Haseln gehen“ bedeutet nichts anderes als sexuelle Verbindung.
Man sagte: „Wenn’s viel Haselnüsse gibt, gibt’s auch viele uneheliche Kinder.“ Und von einem Kind ohne Vater meinte man, „es ist aus der Haselstaude entsprungen“.
In einem mährischen Lied warnt eine Jungfrau den Haselstrauch: Hüt dich, hüt dich, Frau Haselin und tu dich wohl umschaun, Ich hab daheim zwei Brüder stolz, die wollen dich umhaun.
Doch Frau Hasel antwortet: Und haun sie mich im Winter nur, im Sommer grün ich wieder, Verliert ein Mädchen seinen Kranz, den find’t sie nimmer wieder.
Wenn’s viel Haselnüsse gibt, gibt’s auch viele uneheliche Kinder.
Hasel für Liebe und Fruchtbarkeit
Kein Wunder, dass Hildegard von Bingen die Hasel verteufelte: Der Haselbaum ist ein Sinnbild der Wollust, zu Heilzwecken taugt er kaum. Doch in einem Rezept Hildegards empfiehlt sie den Gebrauch den Männern: Zur Behebung der Unfruchtbarkeit des Mannes (…). Dieser Mann soll Haselkätzchen nehmen (…). Das koche er mit der Leber eines jungen geschlechtsreifen Bockes.
Als Fruchtbarkeitssymbol spielte die Hasel auch bei Hochzeiten eine Rolle: Die Braut wurde mit einer Haselgerte geschlagen. War die Vermählung vollzogen, legten die Brautleute am Heiligen Abend Nüsse ins Feuer. Brannten diese still vor sich hin, gab’s eine gute Zeit, krachten sie in den Flammen, dann krachte es auch in der Ehe.
Haselstecken gegen Schlangen
Die Kelten dachten, dass man mit dem Haselstab nicht nur die „Drachen des Himmels“, (Wind und Wolken) beherrschen kann, sondern auch die Drachen und Schlangen der Erde. Mit einem Haselstab soll St. Patrick, der Apostel der keltischen Iren, alle Schlangen von der Grünen Insel vertrieben haben.
Im Schwarzwald, wo noch viel keltisches Brauchtum lebt, gab man den Kindern Haselzweige als Schutz vor Kreuzottern mit auf den Weg. Von den Brüdern Grimm wurde die Legende „Der Haselstrauch“ niedergeschrieben:
Während das Jesuskind schlief, ging Maria in den Wald Erdbeeren suchen. Gerade als sie eine Beere pflücken wollte, schoss eine Natter aus dem Gras. Maria floh und verbarg sich hinter einer Haselstaude. Die Natter zog sich ins Gras zurück. Da sprach Maria: Wie die Haselstaude mein Schutz gewesen ist, so soll sie es in Zukunft auch anderen Menschen sein.
Uralt ist auch der keltische Glaube über den Haselwurm, der unter der Haselstaude nistet. In Chroniken aus dem Mittelalter lesen wir, der Haselwurm (auch Paradieswurm, Tatzelwurm oder Wurbl genannt) soll halb Mensch, halb Schlange sein und wie ein Kind weinen. Meist wird er als weiße Schlange mit Krone geschildert.
In der Karwoche soll sie Ostertau trinken und unterm Haselstrauch Eier legen. Die Haselschlange sei weise. Wem es gelingt, sie zu fangen und von ihrem Fleisch zu essen, der wird ebenfalls weise. Paracelsus soll durch den Genuss von Haselwurmfleisch kräuterkundig geworden sein. Im Märchen der Brüder Grimm „Die weiße Schlange“ kann der König durch den Genuss des Fleisches alle Tierstimmen verstehen.
Zauberrute und Wünschelgerte
Die Haselrute gilt bei Rutengängern oder Radiästhesisten noch immer als bester Energiestromleiter. Tatsächlich blickt die Wünschelrute auf eine lange Geschichte zurück. Die Chinesen sollen schon vor 5.000 Jahren Wünschelruten gekannt haben. Die Etrusker, die vor den Römern in Italien lebten, kannten aquileges (Rutengeher), die mit Haselruten Wasserquellen aufdeckten. In einer althochdeutschen Schrift bekam sie erstmals den Namen wunsciligerta. Das Wort „wunsc“ wird mit der Bedeutung „Glück/ Heil“ erklärt. Auch Jacob Grimm beschrieb sie als gerte, durch deren besitz man alles irdischen heils theilhaftig wird.
Viele Haselrutenrituale wurden auch in christlicher Zeit beibehalten. So sollte die Rute nicht irgendwann, sondern an einem heiligen Tag geschnitten werden. Je nach Region ging man in der Christnacht oder an Dreikönig, an Karfreitag oder in der Osternacht, in der Walpurgisnacht oder in der Johannisnacht die Ruten schneiden. Dazu gehörten auch Sprüche wie: Mit Gott dem Vater hab ich dich gesucht, mit Gott dem Sohn hab ich dich gefunden, mit Gott dem Heiligen Geist schneid ich dich ab.
Die Wünschelrute half nicht nur, Quellen und Bodenschätze zu finden. Auch zum Auffinden von Mördern diente sie. Man spürte mit ihr verlorene Wege auf, kundschaftete den Feind aus und suchte verirrtes Vieh. Heute wird die Suche nach negativ oder positiv wirkenden Strahlen in der Baubiologie eingesetzt oder in der Geomantik.
Natürlich wird von der Naturwissenschaft die Radiästhesie angezweifelt und als Pseudowissenschaft abgetan. Doch es gibt vieles, was sich auch der moderne Mensch nicht oder noch nicht erklären kann.
Die Knospen, die Blätter und die Nuss
Der wissenschaftliche Name des Strauchs nimmt Bezug auf seine Frucht, die Nuss. Corylus kommt vom griechischen corys, Maske, weil die Hochblätter die Frucht maskenartig umhüllen. Der Artname avellana geht auf die antike kampanische Stadt Abella (heute Avella) zurück, die für ihre vorzüglichen Haselnüsse bekannt war. In der Volksheilkunde galt der Haselstrauch als ein Mittel gegen Impotenz. Unfruchtbare Frauen sollten den Haselstrauch schütteln und dabei sagen: Höre, du Nussbaum, so wie du geraten bist, so möge ich mein Kind gebären.
Oder man rieb sich die erkrankten Glieder mit einem Haselstecken, den man anschließend vergrub. Dazu sagte man den Spruch: Meine Krankheit vergrab i, den Herrgott, den hab i.
Heute findet man in der Volksmedizin noch die Empfehlung, aus den Blütenkätzchen einen Tee gegen Erkältung zu machen. Auch bei Rheuma wurde Tee aus den Blütenkätzchen getrunken. Eine Abkochung aus den Blättern dagegen nutzte man bei Haut- und Darmentzündungen sowie bei Hämorrhoiden. In der Gemmotherapie, bei der Pflanzenknospen genutzt werden, setzt man das Mazerat aus Haselstrauchknospen bei Bronchitis ein.
Interessant ist, dass die Haselknospen die Elastizität des Lungengewebes fördern können, was bei der Atemwegserkrankung COPD oder bei Emphysemen helfen könnte. Die dem Haselwurm zugesprochene Wirkung, weise zu machen, kann vielleicht die Haselnuss liefern. Dank ungesättigten Fettsäuren und dem Reichtum an Vitamin B gilt sie als „Nahrung fürs Hirn“ und sollte im Studentenfutter nicht fehlen.
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