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Foto: Andreas Posselt

Was Familiennamen über uns verraten

Unser Nachname verrät uns, woher wir kommen, was unsere Altvorderen so taten, mitunter auch, wer wir sind. Und manchmal auch ganz einfach gar nichts.
Text: Silvia Pfaffenwimmer

„Ein hohes Kleinod ist der gute Name“, befand schon Friedrich Schiller. Doch was macht unsere Familiennamen aus, wo liegen ihre Ursprünge und Besonderheiten? Die Namenforschung ist ihren Geheimnissen auf der Spur, hat aber längst nicht alle gelüftet und wird es wohl auch nie zur Gänze schaffen. „Familiennamen sind Sprachfossilien, die sich aus mehreren Teilen zusammensetzen, sich weiterentwickelt haben und im heutigen Sinn oft gar nichts mehr bedeuten“, sagt Karl Hohensinner, einer von wenigen hauptberuflichen Namenforschern in Österreich.

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Namen auf Wanderschaft

Man geht heute davon aus, dass in Österreich jeder Fünfte einen Familiennamen trägt, der aus einem anderen Teil der Monarchie stammt. So gibt es etwa in Ostösterreich viele Namen mit böhmischen Wurzeln, im Burgenland schlägt sich das Ungarische und Kroatische nieder, in Kärnten und der Steiermark das Slowenische, in Tirol das Italienische und Ladinische.

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Häufig lassen Familiennamen Rückschlüsse auf die Tätigkeit der Vorfahren ziehen.
Servus Mondpost

Von Antonicek bis Zumtobel

Jedes Bundesland hat seine Eigenheiten bei der Namensgebung. Eine Spurensuche zwischen Bodensee und Neusiedler See.

1. Tirol: Almen & Heilige

Das Heilige Land Tirol schlägt sich auch in den hiesigen Familiennamen nieder. Viele sind auf volkstümliche Formen von Heiligennamen zurückzuführen: Zischg und Zöschg etwa lassen sich von Franziskus ableiten; der Nachname Jennewein (auch Jenewein) geht auf den Heiligen Ingenuin zurück. Sehr häufig bilden auch Taufnamen – um ein -er verlängert – die Basis für spätere Familiennamen, wie etwa Lukas/ Lukasser oder Rupprecht/Rupprechter.

Manche Namen lassen sich auch von Almen herleiten, wie etwa Trojer: So bezeichnete man in der Antike einen Weg, auf dem Vieh getrieben wird. Auch der Name Praxmarer kommt aus diesem Umfeld: Die bareca sagmaria war die Hütte des Säumers. Und der Name Ladstätter verweist auf eine Stelle, wo umgeladen wird, zum Beispiel vom Karren auf den Saumsattel.

2. Oberösterreich: -inger & -hamer

Oberösterreich ist das Land der -inger: das Land der Haslingers, der Doblingers, der Pühringers und hunderter anderer Namen mit dieser Endung. Ableiten lässt sich diese entweder von Ortsnamen und Höfen (Schärding/Scharinger, Wies plus -ing = Wiesinger) oder von der Tatsache, dass „viel von etwas da ist“: Rund ums Haus der Aichingers gab’s viele Eichen, die Danningers lebten im Tannenforst.

Die Steiningers hatten viele Steine um sich, die Dorningers Dornen. Auch die -hamer und -hammer sind stark vertreten: Ihre Vorfahren lebten in Orten, deren Namen auf -ham oder -heim endeten. Im Böhmerwald haben Namen wie Traxler und Löffler ihren Ursprung: Erstere drechselten, Zweitere schnitzten Löffel. Und was der Gamsjäger – sehr häufig im Salzkammergut – so trieb, kann man sich denken.

3. Vorarlberg: Arbeit & Zuhause

In Vorarlberg gehen auffällig viele Familiennamen auf Berufsbezeichnungen zurück. Die Hämmerles (eine Verkleinerungsform von Hammer) waren Schmiede, die Suterlütys (vom lateinischen sutor für Näher) Schneider. Aber auch Schuster wurden mit diesen beiden Namen belegt. Die Feuersteins machten ihre Geschäfte mit ebendiesen Steinen.

Andere Namen verweisen auf das Zuhause ihrer Träger: Die Gächters wohnten an einer Gacht, einer steilen Rinne, die Zumtobels an einer bewaldeten Schlucht („Zu dem Tobel“). Abgewandelt in Tobler oder Dobler findet man diesen Namen auch andernorts in Österreich. Und war jemand nicht ganz so ortsfest, so gab es auch für ihn einen Namen: Bilgeri (lateinisch: peregrinus, italienisch: pellegrini) meint nichts anderes als Fremder, Pilger oder Kreuzfahrer

4. Steiermark: Wirte & Weine

Die Steirer sind ein geselliges Völkchen, was sich auch in den Namen niederschlägt. So findet man viele Bezüge zu Gastlichkeit und Weinbau. Der Taferner war der Betreiber einer Taverne – eines Gasthauses, das einer Grundherrschaft untersteht, der Schenk ganz allgemein ein Gastwirt; der Leitgeb kredenzte Obstwein. Hinter dem Namen Pinter (slowenisch, kroatisch und ungarisch Pintar oder Pintér) stand einst ein Küfer, in Österreich besser als (Fassl-)Binder bekannt.

Auf Nachbarländer verweisen Namen wie Krainer (vom Herzogtum Krain, heute Slowenien), Unger (Ungar) oder Korošec (von Koroška, slowenisch für Kärnten). Der Name Steyrer ist ebenfalls ein Wink in Richtung Geschichte: Weite Teile der heutigen Steiermark gehörten im Mittelalter zum Besitz der Ottokare mit Herzogssitz in Steyr.

5. Kärnten: Höfe & Haine

Pototschnig, Aspernigg, Jamnik: In Kärnten finden sich häufig Namen, die auf -nig, -nigg oder -nik enden, einer Endsilbe aus dem Slawischen, die meist die Lage eines Bauernhofes angibt. So lebten die Vorfahren von Herrn Pototschnig vermutlich in der Nähe eines Baches (potok = Bach, Pototschnig = der am Bach Wohnende). Die deutsche Entsprechung ist Bacher bzw. Pacher. Auch der Name der Asperniggs, Breznigs und Jamniks lässt sich von Orten herleiten: aspe/Espe, breza/Birke oder jama/Grube.

Gerne hängt sich die Endsilbe an Wörter aus dem deutschen Dialektbereich an. So stammen Frau Tiefnigs Ahnen vermutlich von einem tiefer gelegenen Bauerngut. Kommt am Wohnort etwas üppig vor – etwa Buchen oder Erlen – schlägt sich das mit einem -ach im Namen nieder, wie bei Buchacher und Erlacher.

6. Salzburg: Salt & Wald

In Salzburg haben der Salzbergbau, der Handel und die Waldwirtschaft ihre Spuren hinterlassen, etwa in den Namen Pfannhauser oder Hallinger. Pfannhauser wurde der Verwalter einer Salzsiede-Pfanne genannt, Hallinger ein Salinenarbeiter, Salzhändler oder Salzführer. Der Herr Holzmeister hatte die Aufsicht, wenn Holz geschlägert wurde.

Auch zur Geistlichkeit gibt es viele Bezüge. Vitzthum (auch Fitzthum) leitet sich vom lateinischen vicedominus ab, einem höher gestellten Bauern, der als Stellvertreter seines Herrn die Gerichtsbarkeit ausübte. Die Pfister waren Bäcker in meist klösterlichen Diensten (lat. pistor), die Voithofers bewirtschafteten den Hof eines Vogts (lat. advocatus, Verwalter). Der Name Rathgeb findet sich bereits im Mittelalter als Beiname und meinte nichts anderes als Ratgeber.

7. Niederösterreich: Tod & Teufel

Tod und Teufel trifft man bestimmt nicht nur in Niederösterreich, dort jedoch auffällig oft. Im Waldviertel sehr häufig ist der Name Höllriegel, was ebenfalls ein Scherzname für den Teufel ist. Wobei der Tod (auch Tot oder Toth) in diesem Fall nicht ist, was er vorgibt zu sein: So nennt man in Ungarn nicht den Sensenmann, sondern einen Slowaken.

Auch die Berufe sind oft Namensgeber: Schneider und Schuster, Kramer und Fuhrmann, der gern auch als Forman(n) oder in der Verkleinerungsform Formanek daherkommt. Die Meissners oder Meixners handelten mit Tuch und kamen ursprünglich aus der Porzellanmetropole Meißen. Mittelalterliche Wurzeln haben die Namen Amon und Salomon: Sie gehen zurück auf den Ambetmann (= Amtmann) und den Salmann, eine Art früher Notar.

8. Wien: Kaiser & Krone

Wien ist seit jeher vom Zuzug geprägt, was sich deutlich in den Familiennamen zeigt. Auch die k. u. k. Monarchie schwingt immer noch nach. Namen auf -l wie Klestil, Smejkal oder Zawinul stammen aus Mähren und besagen, dass jemand etwas getan hat: Der Herr Klestil hat etwas abgeschnitten, die Frau Smejkal etwas geschleppt, der Herr Zawinul etwas eingewickelt. Sehr häufig ist auch die Verkleinerungsform -ček, (auch -cek, -czek oder -tschek) in Verbindung mit Rufnamen, etwa Antonicek (zu Anton).

Auch Eigenschaftswörter wurden „geschrumpft“ wie bei Tichacek (tichy = still) oder Novacek (novy = neu). Ursprünglich böhmische Namen nehmen Anleihen in der Vogelwelt: bei Slavík (Nachtigall), Čermák (Rotkehlchen), Kafka (Dohle), Strnadt (Goldammer), Sokol (Falke) oder Kos (Amsel).

9. Burgenland: Väter & Kuruzzen

Die Namen im Burgenland sind eine Mischung aus Deutsch, Kroatisch und Ungarisch. Hinter dem Krutzler vermutet man wahlweise einen schneidigen Kerl, einen Raufbold oder einen, der mit einem „Kruzitürken“ vor den Kuruzzen bzw. Türken warnt. Auch die Herren Hochwarter (ein Späher von einem erhöhten Punkt) und Gamauf („Sei wachsam, pass auf“) sicherten Haus, Hab und Gut.

Häufig enden die Namen auf -its (ungarisch für -itsch, auch -ich oder -ic), was auf den Namen des Vaters abzielt: Karlich ist der Sohn des Karl, Rešetarits der Sohn des Siebmachers rešetar. Ungarischen Ursprungs ist der Name Horvath/Horwat für alle, die – wenn auch nur entfernt – etwas mit Kroaten zu tun hatten. Auch interessant: Kis/Kiss/Kisch heißt klein, Nagy groß.

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