Hauptspeise

Oma Leopoldines Kärntner Ritschert

Wenn das Ritschert zog, spielten die Kinder in der Küche der Kärntner Großmutter von Benjamin Koffu, dem Chef vom Dienst des Bergwelten-Magazins. Der Eintopf war nicht der einzige Grund zur Vorfreude.

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Foto: Ingo Eisenhut
Je länger das Ritschert ziehen darf, umso besser wird sein Geschmack.  

Oma-Leopoldines Ritschert und die geheime Mehldose

Ritschert steht besonders für die oft einfache, aber immer köstliche Küche meiner Großmutter. Der Eintopf ist ein unkompliziertes Gericht, in dem alles drin ist – Getreide, Gemüse, Fleisch– und für das man alles immer im Haus hat.

Jedenfalls galt das um 1990 für Großmütter im Metnitztal. Immer wenn meine Oma Leopoldine kochte, lohnte es sich, in der Nähe zu sein. Es war schließlich nur eine Frage der Zeit, bis für uns Kinder etwas abfiel. Unsere Vorfreude galt zunächst allerdings weniger dem, was am Herd stand, als einer Porzellandose auf dem Regal neben dem Kühlschrank.

Auf ihr stand „Mehl“, sie war aber voller Süßigkeiten. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir bald welche davon bekommen würden, das wussten wir, lag bei ziemlich genau 100 Prozent. Also wuselten wir erwartungsvoll um unsere kochende Großmutter herum, während sie dem Mittagessen den letzten Schliff verpasste.

Schließlich war, wenn wir vormittags zu Besuch im Kärntner Metnitz ankamen, alles so gut wie fertig: Die Buchteln waren bereit fürs Rohr, die Kasnudeln fürs heiße Wasser. Oder das Ritschert stand am Herd und zog noch bei wenig Hitze. Jedenfalls, auch das wussten wir Kinder, würde es wieder einmal schmecken.

Das Gemüse und die Gewürze wie das Liebstöckl, das in Kärnten Lusstock heißt, holte meine Großmutter aus dem eingezäunten Garten vor dem Haus, der mir als Kind riesig wie ein Feld vorkam. Das Fleisch war von einem Hof in der Nähe, ebenso das Schwarzbrot, das es als Beilage gab.

Während die Zutaten des Ritscherts kleingeschnitten im Topf vor sich hin dampften, hatten meine Brüder und ich alte Spiele unseres Vaters und seiner Geschwister – also aus einer gefühlt ewig vergangenen Zeit – in die Küche geholt. Wir erkundeten sie entsprechend eher wie archäologische Fundstücke, als dass wir mit ihnen spielten.

Unsere Aufgabe beim Kochen beschränkte sich darauf, immer wieder am Ritschert zu riechen, ab und zu mithilfe unserer Großmutter umzurühren und zu kosten. Ansonsten mussten wir uns nur darauf freuen, dass es bald fertig sein würde – und dass wir davor noch etwas aus der Mehldose mit den Süßigkeiten bekommen würden, natürlich immer nur ausnahmsweise.

Die offizielle Ration gab es nämlich erst nach dem Ritschert – zwischen der Nachspeise und der Jause am späten Nachmittag.

Zum Autor: Benjamin Koffu, ist Chef vom Dienst des Bergwelten-Magazins. Er lebt in Wien, stammt aber aus Feldkirchen in Kärnten, wo er sich gern mit feinen Dingen von Fleisch bis Käse eindeckt.

Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im April 2023 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.

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MengeZubereitungszeitGesamtzeit
4 Portionen40 Minuten2 Stunden
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Zutaten
250 gweiße Bohnen
250 gRollgerste
600 ggeselchte Schweinsstelze
3Lorbeerblätter
2Salbeiblätter
4Blätter Liebstöckl
4Knoblauchzehen
1Zwiebel
200 gWurzelgemüse (Karotte, Petersilie, Sellerie)
100Lauch
1 Handvollgehackte Petersilie
Majoran
etwas Pflanzenöl zum Anschwitzen
Salz, Pfeffer
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Zubereitung
  1. Bohnen und Rollgerste in je einem eigenen Topf in kaltem Wasser über Nacht einweichen.

  2. Schweinsstelze in einem Topf mit Wasser bedecken und mit Kräutern und zwei angedrückten Knoblauchzehen ca. 1 Stunde kochen. Kochsud durch ein Sieb passieren und auffangen, Stelze abkühlen lassen.

  3. Während die Stelze kocht, Bohnen ca. 1 Stunde und Rollgerste etwa eine halbe Stunde im Einweichwasser weich kochen. Anschließend in ein Sieb abschütten und gut abtropfen lassen.

  4. Selchfleisch vom Knochen lösen und in 1–2 cm große Würfel schneiden.

  5. Zwiebel und Wurzelgemüse schälen und mit dem Lauch in kleine Würfel schneiden. Zwei Knoblauchzehen schälen und fein hacken.

  6. Gemüse mit Petersilie und Majoran in Öl anschwitzen. Fleisch, Bohnen und Rollgerste zufügen, mit Selchfleischsud gut bedecken und das Ritschert bei moderater Hitze sämig einkochen. Mit Salz und Pfeffer würzen und mit Schwarzbrot servieren.

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