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Handwerk

Die Geschichte des Zuckerls

Lutschen oder zerbeißen? Das ist eine Geschmacksfrage. Auch, welchen Zuckerln man nicht und nicht widerstehen kann. Eine süße Geschichte über köstliche Klassiker und Österreichs ruhmreiche Hersteller.

Seidenzuckerl, saure Drops, Geleefrüchte, Zuckerstangerl, Schleckerl
Foto: Crea Via Antonia Berger
Fröhliches Naschwerk Seidenzuckerl, saure Drops, Geleefrüchte, Zuckerstangerl, Schlecker … Wenn einem da nicht das Wasser im Mund zusammenläuft!

Quizfrage! Durften Zuckerl im Mittelalter hierzulande tatsächlich nur in Apotheken verkauft werden? Bevor wir das Rätsel lösen und uns Österreichs süße Vergangenheit anschauen, noch kurz zur Geschichte des Zuckerls. Sie hat naturgemäß mit Zucker, genauer gesagt mit dem Zuckerrohr, zu tun. Wer herausgefunden hat, dass sich darin eine schmackhafte, süße Flüssigkeit versteckt, ist zwar nicht bekannt.

Wissenschaftler meinen aber, dass das auf Neuguinea entdeckt wurde, der zweitgrößten Insel der Welt. Vor mehr als 10.000 Jahren kannte man dort angeblich schon die Technik der Zuckerextraktion. Und von hier soll das Wissen und die Liebe zum Süßen nach Indien, dann in den arabischen Raum und im 10. Jahrhundert schließlich nach Nordafrika und vermutlich über Venedig nach Europa gekommen sein.

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Weil damals Apotheker auch mit Gewürzen und exotischen Zutaten handelten und weil in Zucker gewälzte Arzneien besser schmeckten, wurde im Mittelalter nicht nur das Hustenzuckerl erfunden, sondern es entwickelte sich auch gleich ein neuer Berufsstand: die Konfekterzeuger. Als confectio bezeichnete man zunächst nur eine gesüßte Arznei – deren Heilkraft aber bald zugunsten des guten Geschmacks in den Hintergrund rückte.

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Dennoch durften diese Süßwaren noch Mitte des 15. Jahrhunderts in Österreich ausschließlich von Apothekern erzeugt und verkauft werden. Ihr Monopol hielt freilich nicht ewig, und wir machen einen großen Sprung ins Wien des zu Ende gehenden 19. Jahrhunderts. Zucker – mittlerweile auch aus der Zuckerrübe gewonnen – war da kein Luxusgut mehr, und die Donaumetropole galt als eine der Welthauptstädte der Zuckerlmacher.

Große Namen und der Kaiser

Ganz vorn unter den berühmten Namen: die Brüder Heller. Ihre Fabrik war um Jahrzehnte ihrer Zeit voraus, bald schon verfügten sie über Niederlassungen selbst in London, Paris und New York und durften sich „k. u. k. Hoflieferanten“, ja sogar „Kammerlieferanten des Kaisers“ nennen. In ihrem Angebot hatten sie hunderte Sorten; die bekanntesten sind wohl das mit Nusskrokant gefüllte Seidenzuckerl sowie das Wiener Zuckerl mit flüssiger Fruchtfülle.

Und das Pfefferminzzuckerl mit Schokokern? Das heißt Firn und stammt von der Grazer Zuckerwarenfabrik Englhofer, der wir auch die erfrischenden Eiszapfen und das Eukalyptuszuckerl Arosa verdanken. Kurzzeitig vertrieb Englhofer auch die legendären Blockmalz-Zuckerl, da man in den 1970er-Jahren die Markenrechte von der Familie Kirstein aus Wien-Währing übernommen hatte. Wilhelm Kirstein holte sie sich als fast 80-Jähriger aber wieder zurück.

Zuckerlpioniere

  • Drei Pioniere sollen noch erwähnt sein: Erstens die Firma Egger, die Sportgummi und Rachenputzer erfand.

  • Zweitens das Unternehmen PEZ. Der Markenname leitet sich übrigens aus dem ersten, mittleren und letzten Buchstaben von „Pfefferminz“ ab. Und selbst die PEZ-Spender zum Nachfüllen wurden Kult. Als Gastgeschenk überreichte man sie sogar John F. Kennedy, als er 1961 Wien besuchte.

  • Drittens sind eben Christian Mayer und seiner Frau Maria zu nennen. Ohne sie wäre das traditionelle Wissen rund ums Zuckerlmachen – das trotz ruhmreicher Tradition zunehmend in Vergessenheit geriet – wahrscheinlich ganz verloren gegangen. Aber die beiden Enthusiasten erlernten das uralte Handwerk, gründeten 2012 ihre „Zuckerlwerkstatt“, und diese wurde sehr schnell zum Paradies für Naschkatzen. Mehr darüber können Sie im Servus-Buch „Das Zuckerl“ erfahren.

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