Hauptspeise

Überbackene Schinkenfleckerl

Die Restlverwertung ging bei Nina Kaltenbrunners Opa über alles, und die geliebten Schinkenfleckerl gab es immer nur, wenn vom Gselchten was übrigblieb. Geliefert hat der Opa die Fleckerl in der Auflaufform, außen knusprig, innen flaumig.

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Foto: Ingo Eisenhut
Überbackenen Schinkenfleckerl sind viel mehr als nur Restlverwertung. Sie sind eine Erinnerung an unbeschwerte Zeiten.  

Das ist eine Opa-Kochgeschichte. Doch nachdem hinter jedem großen Koch eine Frau steht, muss ich vorab eine Volte um die Urgroßmutter drehen.

Restlessen vom Opa gekocht und kutschiert

Von ihren Kochkünsten schwärmt meine Mutter bis heute. „Sie war eine kleine kugelrunde Köchin aus Böhmen und Herdvirtuosin, die aus ganz wenig Großartiges zuzubereiten wusste. Ihr Gemüsebeet und der Kaninchenstall im kleinen Hinterhof lieferten die Zutaten, aus denen zu Festtagen Kaninchensuppe mit Bröselknöderln und gebackenes Kaninchen gezaubert wurden – und Germknödel“, seufzt die Mutter dann stets mit verklärtem Blick.

Meine Geschwister und ich lernten die kleine Frau leider nie kennen, ihre Küchenfertigkeiten aber schon – denn unser Opa hat ihre Kochgene geerbt. Das fanden wir heraus, als der große gutmütige Mann seine Rente antrat und, noch bevor der Pensionsschock einsetzen konnte, eine neue Berufung fand: das Kochen inklusive unserer Versorgung.

Und weil unser Großvater ein begnadeter Handwerker – Tischler – war, der alles, was er tat, mit Hingabe ausführte – ob Nierenbeistelltisch oder gefüllte Paprika mit Paradeissauce –, geriet ihm auch alles stets meisterlich: Die Krautfleckerl (das Kraut in selbst ausgelassenem Schmalz karamellisiert), der Erdäpfelschmarrn mit selbst gemachten Grammeln, die Gröstln, Schmarrn und Aufläufe, alles war ein Gedicht.

Mehrmals die Woche fuhr er mit seinem alten VW-Käfer unser Zuhause an und lieferte in pastellfarbenen Menage-Reindln das Essen, das er daheim gekocht hatte, lautstark angekündigt vom Bellen unseres Hundes, den der Opa nach der Enkelfütterung Gassi führte. Immer.

Weil er ein Mann mit Prinzipien war, war auch seine Küche streng saisonal; die Restlverwertung ging über alles, und unsere geliebten Schinkenfleckerl gab es immer nur, wenn vom Gselchten (mit dem besten Kartoffelpüree der Welt) was übrigblieb.

Den Aufwand dafür kennen wir Enkelkinder, seit wir sie das erste Mal selbst zubereitet haben:

  • Fleckerl kochen, Butterabtrieb rühren, Schnee schlagen, Schinken durch den Fleischwolf drehen, altbackene Semmeln zu Bröseln reiben, die mit Butterflocken für die herrliche Kruste sorgen.

Geliefert hat der Opa die Fleckerl in der Auflaufform, vorgeschnitten in exakte Quader, außen knusprig, innen flaumig. Wir liebten sie heiß, lauwarm und kalt. Und dazu Rahm-Gurkensalat mit viel Schnittlauch. Das Prädikat „wie vom Opa“ ist bis heute die Höchstnote, die in unserem kulinarischen Universum vergeben werden kann. Und das alljährliche Schinkenfleckerlessen bei meiner Schwester ist eine Hommage an seine Küche.

PS: Kochen hat den Opa übrigens keiner von uns Enkeln jemals gesehen ...

Zum Autor: Nina Kaltenbrunner ist Chefin vom Dienst bei „A la Carte“ und Autorin für Servus Gute Küche und den „Falter“. Sie verschlingt gerne Kochbücher, Austern und panierte Fledermaus (vom Schwein).

Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im August 2022 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.

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MengeZubereitungszeitGesamtzeit
4 Portionen25 Minuten1:15 Stunden
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Zutaten
400 gFleckerlnudeln
Salz
zerlassene Butter für die Form
80 gSemmelbrösel
150 gZwiebeln
300 gSchinkenreste, faschiert oder fein geschnitten
100 gButter (zimmerwarm)
4Eidotter
250 gSauerrahm
2 ELgehackte Kräuselpetersilie
Salz, Pfeffer
Muskatnuss
4Eiklar
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Zubereitung
  1. Die Nudeln in reichlich Salzwasser bissfest kochen und kalt abschrecken.

  2. Das Backrohr auf 170 °C Ober-/Unterhitze vorheizen. Eine Auflaufform mit Butter ausstreichen und mit 2 EL Bröseln ausstreuen.

  3. Zwiebeln schälen, fein hacken und mit den Schinkenresten in 1 EL Butter 5 Minuten lang anbraten.

  4. 60 g Butter in einem Messbecher mit dem Handmixer schaumig rühren. Nach und nach Dotter und Sauerrahm unterrühren.

  5. Dottermasse in einer Schüssel mit den Nudeln, dem gebratenen Schinken und Petersilie vermischen. Mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken.

  6. Eiklar mit einer Prise Salz halbsteif schlagen und locker unter die Schinkenfleckerl heben.

  7. In die Form füllen und mit den übrigen Semmelbröseln bestreuen. Restliche Butter in Flocken darüber verteilen und die Schinkenfleckerl im Backrohr etwa 45–50 Minuten backen. Dazu passt am besten ein Rahm-Gurkensalat.

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