Erntedankfest-Bräuche in Österreich
Ende September bis November wird im Land Erntedank gefeiert. Doch warum tragen wir eine Krone aus Korn in die Kirche? Und was hat es mit der Weinbeergoaß auf sich?
Erntedank-Bräuche in der Übersicht:
Wenn das Korn geschnitten, die Ernte eingefahren und der Wein gelesen ist, ist es Zeit, dankbar für die Ernte zu sein und sie zu feiern. Jetzt halten in den Kirchen die Erntekronen Einzug, prall gefüllte Gabenkörbe und Weintaufen markieren den Höhepunkt des bäuerlichen Jahresablaufs.
Erntekrone und Umzug
Das wohl augenfälligste Symbol des Erntedankfestes ist die Erntekrone, die es in den unterschiedlichsten Abwandlungen in ganz Österreich gibt. Sie entwickelte sich vermutlich aus den schlichten Kränzen, die Erntearbeiter ihrem Dienstherrn einst zum Abschluss der Feldarbeit überreichten. Die Krone besteht in der Regel aus vier bis sechs Bügeln, die auf einem Reifen sitzen; die Spitze ziert ein Kreuz. Das Gestell ist mit verschiedenen Getreidesorten umwunden, idealerweise jeder Bügel mit einer anderen Sorte. Der weitere Schmuck ist von Region zu Region verschieden: Einmal zieren Äpfel die Krone, ein anderes Mal Gemüse oder Blumen. Auch Buchsbaum und anderes Grün finden sich häufig.
Die Erntekrone ist zentraler Bestandteil des Erntedankumzugs und wird im Verlauf dessen in die Kirche getragen. In Hinterstoder führt man neben der Erntekrone aus Getreide und Latschen beim Umzug auch einen erlegten Hirsch mit. Und in Ramingstein im Bezirk Tamsweg wird im Anschluss an das Erntedankfest das „Spiel vom Riesen Goliath und dem Hirtenknaben David“ aufgeführt.
Gut zu wissen: In der Kärntner Gemeinde Ebene Reichenau wird jedes Jahr im September ein alter Brauch lebendig. Aus duftendem Heu und bunten Blüten entsteht die Erntekrone der Landjugend. Lesen Sie mehr darüber in der September-Ausgabe des Servus-Magazins. Wir freuen uns, wenn Sie das Magazin hier bequem portofrei nach Hause bestellen oder sich für ein Abo mit Prämie entscheiden.
Erntebier und Maschinenkrapfen
Die Brauereien, deren Besitzer oft auch Bauern waren, brauten zur Erntezeit ein leichtes Bier mit wenig Alkohol. Dieses Erntebier wurde in Krügen aufs Feld getragen, um den Durst der schwer Arbeitenden zu stillen – und wohl auch, um sie ein wenig bei Laune zu halten.
Im 20. Jahrhundert wurde das händische Dreschen des Getreides zunehmend vom Dreschen mit der Dampfdreschmaschine abgelöst. Diese gehörte meist mehreren Bauern und wanderte quasi von Hof zu Hof. Zum Abschluss des Dreschens gab es die sogenannten Maschinkrapfen, ein üppiges, in Schmalz herausgebackenes Gebäck. Heute noch findet am Stehrerhof in Neukirchen an der Vöckla jedes Jahr in der dritten Septemberwoche ein solches Schau-Maschindreschen statt. Und Krapfen gibt es natürlich auch.
Gumsen, Drischelkönig und Co
Die Ernte artete oft in einen launig ausgetragenen Konkurrenzkampf unter den Dienstboten aus. Keiner wollte beim Schneiden, beim Dreschen des Korns oder der Ernte des Hopfens der Letzte sein. Vor diesem Hintergrund entstanden in Oberösterreich die „Gumsen“, die „Stadelhenne“ und der „Pletschnhahn“.
Die Gumsen war eine Puppe aus Stroh, die Stadelhenne eine zurechtgeschnittene Rübe mit Hühnerfedern als Schwanz und Flügeln. War man auf einem Hof mit der Ernte fertig, schmiss man die Stadelhenne übers Tor auf den nächsten Hof, wo noch gearbeitet wurde.
Der Pletschnhahn hingegen war keine eigene Figur, sondern bezeichnete denjenigen, der bei der Rübenernte der Letzte war.
„Drischelkönig“ wiederum war derjenige, der übersah, wenn der Tennenmeister den Dreschflegel hob und damit die Arbeit beendete.
Ruabfedln
Auch ein liebenswerter Brauch aus dem Ausseerland hängt eng mit der Ernte zusammen: das „Ruabfeldln“ in Gößl am Grundlsee am letzten Sonntag im Oktober. Nach der „Rafflmess“ am Vormittag werden am frühen Nachmittag vor der Steinfeldwand Feuer entzündet und Baumstämme ausgelegt. Die Bewirtung der (erwachsenen) Gäste übernehmen an diesem Tag die Kinder: Sie kochen Tee, rösten Maroni und Sterz, musizieren und feiern so den Ausklang des Sommers.
Der Brauch geht zurück auf jene Zeit, als die Eltern allesamt auf den Feldern arbeiteten. Das Wetter konnte jederzeit umschlagen, und jede Minute wollte ausgenutzt sein. Weil dabei keine Zeit fürs Kochen blieb, brachten die Kinder den Erwachsenen das Essen aufs Feld.
Garbe und Kranz
War die Ernte beendet, überreichten die Arbeiter dem Bauern eine Garbe (oder einen Ährenkranz) als sichtbares Zeichen, dass die Arbeit nun erledigt war.
Manche Quellen berichten auch davon, dass man am abgeernteten Feld einige kleinere Garben stehen ließ, „damit der Winter auch etwas hat“.
Klapotetz
Sie sind nicht zu übersehen und – wenn in Betrieb – noch weniger zu überhören: die Klapotetze in den Rieden der Südsteiermark. Die großen hölzernen Windräder sollen durch ihr Geklapper Vögel von den Trauben fernhalten.
Man stellte die Klapotetze nach alter Überlieferung zu Jakobi, am 25. Juli, auf und baute sie zu Allerheiligen oder zu Martini (11. November) wieder ab. Das Aufstellen wird mancherorts noch immer beziehungsweise heute wieder mit einem Fest gefeiert.
Gebirgsaufschiessen
In Gumpoldskirchen markiert das „Gebirgsaufschießen“ den Beginn der Weinlese: Auf das Festkonzert am Kirchplatz folgt ein Festzug; mit Böllerschüssen und Gratiswein wird anschließend der offizielle Lesebeginn gefeiert.
Das Gebirgsaufschießen ist ein alter Brauch in der Thermenregion. Geschossen wurde einst nicht, um Vögel oder Traubendiebe abzuschrecken, sondern um bedrohliche Gewitterwolken zur vorzeitigen Entladung anzuregen.
Hiatabuam und Hiatapritschen
Trauben sind ein kostbares Gut, weshalb früher sogar ein Hüter eingestellt wurde, der sie während des Reifens gut bewachte. Der „Hiata“ schlief in einer kleinen Hütte, ein mit Strohwischen, Hüterhacken und einem Hüterstern geschmückter Baum zeigte weithin sichtbar an, dass es hier (gefahrlos) nichts zu holen gab. Im Weinviertel zierten Wermut und Kugeldisteln die Hüterstange.
Die Hüter durften zu drastischen Mitteln greifen: Traubendiebe vertrieben sie mit einer Hacke und einem mit Sauborsten geladenen Gewehr – für die Getroffenen war das nicht tödlich, aber doch sehr unangenehm … Am Ende der Saison legte man den Hiatabaum um und feierte mit Umzug und Mahl.
Der Perchtoldsdorfer Kirtag am Sonntag nach St. Leonhard (6. November) ist noch heute ein solches Lesefest, bei dem die rund 80 Kilogramm schwere „Hiatapritschen“ durch den Ort getragen wird. Es handelt sich um ein großes, glockenförmiges Gestell voller Trauben auf einer langen Stange, die während des Umzugs ständig gedreht werden muss. Der Brauch zählt seit 2010 zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.
Monstranzen, Girlanden und Bilder
In der Steiermark finden sich neben der Erntekrone beim Erntedankfest auch noch andere Symbole der Volkskunst. So werden golden glänzende Ähren und Getreidekörner zu Monstranzen, Girlanden und Bildern verarbeitet und in der Kirche ausgestellt.
Weinbeergoaß
Die Weinbeergeiß (oder Weinbeergoaß) ist naturgemäß nur dort anzutreffen, wo Wein wächst. Es handelt sich um eine gehörnte Figur aus Holz oder Stroh, die dicht mit Weintrauben, Weinlaub und Äpfeln behängt ist.
Die Geiß ist das Wappentier der Winzer. Noch heutzutage hat sie beim Ernte dank fest in Gumpoldskirchen ihren großen Auftritt. Die Weinbeergoaß ist dort außerdem bei Festumzügen und Winzerfesten im Einsatz und wird jeden Sommer aufs Neue mit frischem Obst und Blättern aufgeputzt.
Kalebstraube
Die Ziege kann mancherorts durch eine Riesentraube ersetzt sein, die von zwei kräftigen Männern auf einer Stange getragen wird. Die Traube geht auf das biblische Motiv der Kalebstraube aus dem 4. Buch Mose zurück.
Demzufolge wurden Josua und Kaleb als Kundschafter ausgeschickt, kehrten nach 40 Tagen mit einer prallen Weinrebe zurück und berichteten, dass sie ein Land gefunden hätten, in dem Milch und Honig flössen. In Weinbaugebieten taucht das Motiv der Kalebstraube häufig auf.
Hauerkrone
Eine interessante Abwandlung der Erntekrone ist die Hauerkrone, die in Weinbaugegenden beheimatet ist. Beim Kirtag in Neustift am Walde ist ein besonders prächtiges Exemplar mit vergoldeten Nüssen und zarten Porzellanfiguren zu bestaunen.
Der Legende nach sollen die Neustifter Bauern nach einer misslungenen Ernte im Jahr 1752 zu Kaiserin Maria Theresia gepilgert sein, um einen Steuererlass zu erbitten. Die Kaiserin versprach Abhilfe und erhielt als Dank von den Bauern eine Krone. Später bekamen die Neustifter von der Kaiserin ihre Krone zurück – und die Auflage, künftig jedes Jahr am Tag des Kirchenpatrons ein Fruchtreifefest abzuhalten.
Die Neustifter Krone lagert das Jahr über im „Kronenstüberl“ eines Heurigenlokals und wird jedes Jahr zum Kirtag hervorgeholt.
Getreidesträußchen, Salz und Samen
Vielerorts werden beim Gottesdienst in der Kirche auch kleine Gaben wie Getreidesträußchen, kleine Säckchen mit Samen, Salz oder Körnern verteilt. Manche Gottesdienstbesucher stecken diese Sträußchen später auf dem Feld oder am Grab in die Erde. Nach der Messe gibt es Most und Brot.
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Schnittermahl und Abdruschfest
Waren die Wiesen gemäht und die Felder abgeerntet, traf man sich zum Schnitterfest, Abdruschmahl oder Abdreschtanz. Dabei wurde nicht nur musiziert, getanzt, getrunken und gegessen. Auch Spiele gehörten zum Fest.
Aus dem Salzburger Flachgau sind etliche dieser – teils recht deftigen – Späße wie Stockschlagen, Zahnreißen, Wetter machen oder Eselreiten überliefert. Man nannte sie „Drischlegspiele“.
Druschsprüche
Bis in die 1920er-Jahre wurde Getreide per Hand mit dem Dreschflegel gedroschen. Dazu wurden die Garben auf dem Tennenboden aufgebreitet und von mehreren Dreschern gleichzeitig bearbeitet. Um im Takt zu bleiben und sich nicht gegenseitig die Dreschflegel um die Ohren zu hauen, ließen sich die Männer einprägsame Druschsprüche einfallen.
Einer dieser Sprüche ist wie folgt überliefert. „Stich Hund ab, stich Katz ab, häng d’ Haut auf“, bei vier: „Steigen d’ Hund in Dach“, bei fünf: „Sein Hund im Sumpa“, bei sechs: „A Schüssel voll Krapfen, i mag’s net dertappen“.
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