Wohnen, Hausbesuch, Wohnzimmer
Foto: Harald Eisenberger

Ein renovierter Bauernhof

Über Jahrhunderte war er einer der größten Bauernhöfe des Mölltals, später drohte ihm der Verfall. Nun glänzt der Glanznerhof wieder – als klug renovierter Zweitwohnsitz. Zwischen Stilen und Epochen, zwischen dem Gestern und dem Heute.
Text: Julia Kospach, Fotos: Harald Eisenberger

Der Blick vom Glanznerhof ist umwerfend. Bergab über die herbstlichen Wiesen liegt ihm das obere Mölltal zu Füßen. Drüben auf der Schattenseite des Tals stürzen die Wasserkaskaden des Jungfernsprungs 130 Meter über eine Felskante in die Tiefe, am Horizont staffelt sich Berggipfel an Berggipfel, und beinahe - wäre da nicht eine leichte Talbiegung - könnte man den höchsten von allen, den Großglockner, sehen. jedenfalls spürt man seine Nähe, weil man weiß, dass er da ist, ein paar Kilometer entfernt, genauso wie Heiligenblut mit seiner berühmten Wallfahrtskirche.

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Die Geschichte einer Wiederbelebung

Einzelne Wolken türmen sich vor einem blitzblauen Himmel. Hoch oben auf über tausend Metern liegt der Glanznerhof in der Sonne, die seine Holzfassade im Lauf der Jahrhunderte zu jenem tiefdunklen Braunton geschwärzt hat, der für die alten Bauernhöfe der Gegend so typisch ist.

Der Bergbauernhof, einer der größten des Mölltals, hat eine lange, bewegte Geschichte hinter sich. 1632 fand er das erste Mal Erwähnung. Seither haben ihn Generationen von Bauern bewirtschaftet und erweitert. Auch nachdem sein letzter bäuerlicher Besitzer um die Jahrtausendwende gestorben war und es so aussah, als würde der altehrwürdige Hof langsam verfallen, ging er noch durch ein, zwei Hände, bevor das vorerst letze und wesentlichste Kapitel seiner Geschichte beginnen konnte, nämlich das seiner Renovierung und Wiederbelebung.

Servus Mondpost
Dunkels Holz macht das Wohnen im alten Bauernhof richtig gemütlich.

Deren Anfang fiel ins Jahr 2006. Damals entdeckte ihn ein seit vielen Jahren in den USA lebender Österreicher, der irgendwann einmal wieder zurück in die Heimat wollte und schon vorsorglich auf der Suche war nach einem alten Bauernhaus als Nebenwohnsitz. Der Glanznerhof fand der studierte Kunsthistoriker und Unternehmer durch eine Reihe von Zufällen. An dem Tag, als er das erste Mal hierherkam, schneite es fürchterlich. Die kurvige Straße, die in eingingen kühnen Serpentinen vom Talgrund heraufführt, war damals noch nicht asphaltiert, sondern nur ein geschütteter Weg.

Der Schnee lag hoch, und man musste sich buchstäblich zur Eingangstür vorkämpfen. "Ich habe den Hof gesehen und gedacht, ich stehe mitten in einem Film. Das sag aus wie bei der Familie aus "The Sound of Music", schildert der Hausherr seine erste Eindrücke.

Mit einem Wort: Liebe auf den ersten Blick angesichts solcher original erhaltener Herrlichkeiten wie ein vertäfelten Zirbenholzstube, wunderschöner hölzerner Kassettendecken, breiter, abgetrennter Holzdielen oder eines schönen gemauerten Ofens. Ganz zu schweigen von der wohligen, warmen Grundstimmung der Räume mit ihren Decken und Wänden aus breiten, behauenen Holzstämmen.

Fast nicht zu glauben, dass die Renovierungsarbeiten mit einem extrem ambitionierten heimischen Handwerkerteam nur neun Monate dauerten. Wer den Glanznerhof heute betritt, merkt ihm nicht mehr an, dass dabei kein Stein auf dem anderen bliebt. Ganz abgesehen davon, dass erst einmal sieben große Anhänger mit Müll weggefahren werden mussten.

Es zog wie in einem Vogelhaus

Die Außenfassade mit ihrem schönen Balkon und dem geschnitzten Geländer war soweit intakt, aber drinnen zog es wie in einem Vogelhaus, das Dach war undicht und von Komfort keine Rede. Also wurden die Böden und Wandvertäfelungen herausgenommen, um eine ordentliche Isolierung und die Elektrik darunterpacken zu können, und dann alles wieder feinsäuberlich eingebaut. Was ersetzt werden musste, wurde ersetzt, was an Originalem erhalten werden konnte, wurde erhalten.

Natürlich bot der Glanznerhof mit seinen Nebengebäuden auch ausreichend Platz für modernen Komfort: Der ehemalige Schüttkasten, in dem außerdem eine kleine Schmiede untergebracht war, wurde zu einem Gästehaus mit Sauna umgebaut, die frühere Sägerei zu einer Garage.

Bitte nur kein Museum!

Im Haus selbst herrscht nun ein Stilmix, der dem urtümlichen, bäuerlichen Charakter des Hauses nicht Zwang antut, sondern sich an ihm erfreut, ihn ergänzt, erweitert und kontrastiert. Mit moderner Malerei und samtüberzogenen, gepolsterten Liegen, mit Fundstücken aus der Volkskultur, mit Lederfauteuils und Barockengeln, mit einer freistehenden Badewanne und Flachweben auf den alten Holzböden. Hier sollte kein Museum entstehen, sondern ein großzügiger, sinnvoller Lebensraum mit allen Bequemlichkeiten. Ein Zuhause, das Altes und Neues organisch miteinander verbindet.

Draußen ist die Familie genauso zuhause wie drinnen.

Außerdem sollte es nach Wunsch der neuen Besitzer auch nicht allzu überladen werden. Über allem steht das Motto des Hausherrn: "Schaffe Atmosphäre!" Und die Einsicht, dass man im Grunde alles mit allem kombinieren kann - egal welche Epoche, egal welche Weltgegend -, wenn man es nur mit Gefühl und einem Gespür für Materialien und Proportionen tut.

Da finden dann in der Zirbenholzstube mit ihrem großen Speisetisch ein barocker Rundspiegel mit üppig vergoldetem Strahlenkranz und ein schlichtes Kruzifix aus dem frühen 18. Jahrhundert harmonisch zueinander. Und die originale Bauernstanduhr mit den einfachen Schnitzereien und Schmuckkerben auf dem blanken Holz, von der nur mehr das Gehäuse vorhanden war, verträgt sich gut mit dem Uhrwerk und dem eleganten Messing-Email-Ziffernblatt, die von einer französischen Comtoise-Pendeyluhr aus der Zeit um 1830 stammen und nachträglich eingebaut wurden.

Ein Bisschen Toskana am Bergbauernhof

Im Eingangsbereich und in der Küche, wo der ursprüngliche Holzboden nicht mehr zu retten war, liegt nun ein 500 Jahre alter heller Boden aus toskanischen Kalksteinplatten, die den Geist kühler südlicher Klostergänge, Landhäusern Palazzi in sich tragen und doch durch ihre Patina, Farbeinschlüsse und Unregelmäßigkeiten so wirken, als wären sie immer schon in diese, alten Kärntner Bergbauernhof gelegen.

Zwei alte Marmorwaschbecken aus Anatolien setzen im schnörkellosen, modernen Ambiente des Badezimmers einen charmanten Akzent. Der ovale Spiegel im Eingang, dessen Rahmen aus einem lustigen Flechtwerk aus Hirschgeweihspitzen gemacht ist, stammt aus Schottland. Ebenso ein nicht minder üppig mit Jagdtrophäen verzierter Fauteuil mit kariertem Bezug im Wohnzimmer im ersten Stock.

Wohnen, Hausbesuch, Badezimmer, Waschbecken, Marmor
Foto: Harald Eisenberger
Auch zwei alte Marmorwaschbecken aus Anatolien tragen zum Charme bei.

Dort oben, wo die Decke bis weit rauf unters Dach geöffnet wurde, sorgen dunkelbraune Ledermöbel für gediegene Atmosphäre, die durch das Farbenfrohe einiger Kelimteppiche aufgelockert wird. Über dem offenen Kamin mit imposanter Steinverkleidung prangt der präparierte Kopf eines Hirschs samt Geweih. Gelassen wachen die Glasaugen des Tiers über den weiten Raum, in dem auch ein großes Gemälde hängt. Der Hausherr hat es in Auftrag gegeben: Es zeigt den Jungfernsprung, just jenen Wasserfall, den man beim Blick aus dem Fenster auf der anderen Talseite vor Augen hat.

Auf diese Weise zitier die Einrichtung an manchen Stellen die alpine Umgebung rundum oder spielt ein bisschen mit Hütten- und Jägerromantik, ohne es damit jemals zu übertreiben.

Die Heimkehr einer Taube

Es sind die Details, die den großen Charme des Hauses auch in seinem neuen Gewand bewahren: Alte hölzerne Skier beispielsweise, die im Vorraum gekreuzt an der Wand hängen, oder Fundstücke aus dem Haus selbst, die - anders platziert und etwas hergerichtet - zu Neune Ehren kommen: ein geschnitzter Holzkopf mit Kappe und Krempe auf einem der Pfosten des Holzgestells über dem gemauerten, weiß gekalkten Stubenofen zum Beispiel.

"Obendrauf auf dem Holzgestell lag ein Brett, das der Bauer genutzt hat, um den Winter zu überstehen", erzählt der Hausherr. Eine Darstellung des Heiligen Geists als Raube mit Strahlenkranz, die ursprünglich aus dem Glanznerhof stammte, bekam er eines Tages von einem Nachbarn zurück und montierte sie in der Stube an die Decke. Wenn man so will, könnte man sagen: Die Taube hat auf den Umwegen nach Hause zurückgefunden. Und irgendwie gilt das ja auch für den Hausherrn selbst.

Übrigens: "Die schönsten Bauernhöfe in Österreichs Bergen"; informativer Bildband von Willi und Hilde Senft, Leopold Stecker Verlag, Graz.

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