Traditionelle Kräuter für den Kräuterbuschen an Mariä Himmelfahrt
Die Kräuterweihe zu Mariä Himmelfahrt (15. August) hat eine lange, anfangs ganz und gar heidnische Geschichte. Erfahren Sie hier, welche Pflanzen im Kräuterbündel auf keinen Fall fehlen dürfen und was man sich in alten Zeiten davon versprach.
Kräuter fürs Kräuterbündel – Übersicht:
Die wichtigsten Pflanzen für den Kräuterbuschen sind Schafgarbe, Dost, Arnika, Beifuß, Baldrian, aber auch Gewürzkräuter wie Liebstöckel, Dill, Alant, Ringelblume, Kamille, Salbei und Mutterkraut. Auch die Kornblume, deren Blau an den Mantel der Mutter Maria erinnert, sollte nicht fehlen. Immer aber prangen in der Mitte des Buschens Königskerzen.
1. Königskerze
Verbascum densiflora, thapsus
Im Volksglauben unter dem Namen Himmelsbrand bekannt, war sie in der christlichen Mythologie der Muttergottes unterstellt: Unsere liebe Frau geht übers Land, sie trägt den Himmelsbrand in der Hand. Himmelsbrand wohl deshalb, weil man aus den Stängeln früher Fackeln machte. Wer so viel Licht verbreitet, ist als Zauberpflanze prädestiniert: Als Amulett am Körper soll die Unholdenkerze bösen Zauber abwehren und vor Krankheiten schützen.
Unterstützend ist die Königskerze tatsächlich: Tee aus ihren Blüten wird gerne bei Atemwegsleiden getrunken – vor allem von jenen, die ein schwaches und trauriges Herz haben, schrieb Hildegard von Bingen.
2. Wermut
Artemisia absinthium
Meistens wurde Wermut in den Kräuterbuschen gebunden, aber auch der nahverwandte Beifuß (Artemisia vulgaris). Wermut ist bitterer, dafür sehr aromatisch.
Seine Zweige sollen gegen Motten, Flöhe und sonstiges Ungeziefer helfen. Im Kornspeicher sollte er Mäuse vom Getreide fernhalten. Dem Beifuß traute man gar zu, Dämonen zu vertreiben, ergo hing er büschelweise in Haus und Stall.
Beide Pflanzen wirken gallenflussanregend: Wermut als bitterer Tee, die Blüten des Beifußes zum Würzen des Gänsebratens.
3. Dost
Origanum vulgare
Er war einst besonders wichtig zum Schutz gegen Hex und Teufel. Die rosa blühende Pflanze (nicht zu verwechseln mit griechischen Oreganoarten) liebt die Kraft der Sonne und gedeiht am besten an Böschungen, Waldrändern und in trockenen Wiesen.
Früher nannte man ihn Wohlgemut, weil die Pflanze Freude und guten Mut in den Menschen erwecke. Vorsorglich verarbeitete man Dost zu Bettstroh, um die Wöchnerin vor bösen Einflüssen zu schützen.
4. Großer Wiesenknopf
Sanguisorba officinalis
Der Große Wiesenknopf wurde vermutlich deshalb in den Himmelfahrtsbuschen gebunden, weil er zu Mariä Himmelfahrt blüht und attraktive blutrote Blüten hat.
Früher verwendete man ihn als blutstillendes Mittel (lat. sanguis, Blut, sorbere, aufsaugen) bei Mensch und Tier, auch bei der Ruhr oder anderen Durchfallserkrankungen sollte er das Leid lindern.
Und man verfütterte die geweihten Blüten dem kranken Vieh oder warf sie zum Schutz vor Blitzschlag bei Gewittern ins Feuer.
5. Weinraute
Ruta graveolens
Sie hat vor allem eine moralische Funktion: Die Weinraute sollte brave Jungfrauen vor den Verführungskünsten des Teufels, der oft als hübscher Bauernbursch daherkam, schützen. Dazu brauchten die Unbefleckten nur ein Rautenzweiglein ins Mieder stecken. Die antidämonische Kraft sollte übrigens auch im Küchengarten helfen.
So manche Kärntner Bäuerin verwendet die Weinraute bis heute, um das Gemüse vor Bösewichten zu schützen. Als Heilpflanze ist sie übrigens nicht so beliebt – vor allem, weil sie bei der Einnahme die Lichtempfindlichkeit erhöht. Den Italienern ist das egal – sie trinken gern Grappa con ruta.
6. Ringelblume
Calendula officinalis
Die goldgelbe Blume war einst der germanischen Fruchtbarkeitsgöttin Freya geweiht und wurde im Mittelalter Sonnenbraut genannt – ihre Blüten öffnen und schließen sich mit dem Lauf der Sonne. Im bäuerlichen Brauchtum war sie als Wetteranzeiger wichtig. Wenn sich die Blüten bis 8 Uhr früh nicht geöffnet haben, wird es an dem Tag wohl Regen geben.
Und dann die Sache mit dem Liebeszauber: So glaubte man, dass Mädchen die Hingabe eines Mannes erzwingen können, indem sie die Erde, in die sich der Fuß des Angebeteten eingedrückt hat, nehmen und darin eine Ringelblume anbauen. Das Auszupfen der Blütenblätter sollte zeigen, ob man geliebt wird oder nicht.
Und natürlich wird die Ringelblume seit jeher zu Wundheilsalben verarbeitet.
7. Quendel
Thymus serpyllum
Die niedrig wachsende Thymianart gedeiht auf sonnigen Wiesen bis hoch ins Gebirge. Alte Namen wie Liebfrauenstroh deuten darauf hin, dass der Quendel als Frauenpflanze galt. Bei den Germanen war er wie die Ringelblume der Fruchtbarkeitsgöttin Freya gewidmet. Die geweihten Blüten wurden als Tee bei der Niederkunft verwendet, zusammen mit anderen Kräutern legte man ihn Gebärenden ins Lager.
Auch stillende Mütter schätzten den Tee aus Quendel. Pharmakologisch betrachtet ist Quendel tatsächlich eher ein krampflösendes Frauenkraut – im Unterschied zum Gemeinen Thymian (Thymus vulgaris), der die Atemwege entspannt.
8. Schafgarbe
Achillea millefolium Supercilium veneris, die Augenbrauen der Venus, nannte man früher die Schafgarbe. Und sie war in der Tat eine echte Frauenzauberpflanze. Sie gilt als blutstillend als auch blutungsauslösend.
Diese Eigenschaft wurde mitunter auch für ein Liebesorakel genutzt: Wenn eine junge Maid ein Schafgarbenblatt in der Nase dreimal umdrehte, dabei ganz fest an den Liebsten dachte und es plötzlich aus der Nase blutete, konnte sie sicher sein, dass sie auch von ihm geliebt wird.
9. Arnika
Arnica montana
Steckt Arnika an, steckt Arnika an, damit sich das Wetter scheiden kann ... Bei aufziehenden Gewittern wurde früher ein bisschen von der geweihten Arnika aus dem Himmelfahrtsbuschen ins Feuer geworfen, um Blitz und Hagel abzuwehren. Sie wurde auch zum Beschützer der Feldfrüchte stilisiert, weil sie angeblich dem sogenannten Bilmesschnitter, dem Korndämon, den Garaus machte.
Vor allem ist Arnika aber beliebt bei Zerrungen und Prellungen.
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