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Allraune: Geheimnissvolle Legenden und botanische Faszination

Der Aberglaube um die aus südlichen Ländern stammende Alraune trieb seit der Antike abenteuerliche Blüten und sorgte auch schon bei Harry Potter für Aufregung. Auch bei uns gedeiht Mandragora, braucht aber Winterschutz.

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Foto: mauritius images / Blickwinkel / Alamy / Alamy Stock Photos
Die langen Wurzeln der Alraune ähneln menschlichen Gliedmaßen.

Spricht man von der Alraune, dann ist ursprünglich die „menschenähnliche“ Wurzel von Mandragora gemeint. Sie enthält wie viele andere Nachtschattengewächse, zu denen auch Tollkirsche, Stechapfel oder Bilsenkraut gehören, stark giftige Alkaloide.

Diese bewirken – je nach Dosis – Erregung, Schwindel, Verwirrung und Raserei sowie Halluzinationen und Betäubung bis hin zu tödlichen Vergiftungen. All das und der Umstand, dass man ihren fleischigen, oft gespaltenen Wurzeln mit etwas Fantasie die Form menschlicher Gliedmaßen andichten kann, hat die Alraune seit der Antike zu einer mächtigen Zauberpflanze werden lassen.

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Die schreiende Wurzel und ihre Magie

Die Wurzel der Alraune, so hieß es in der Antike, würde beim Ausgraben einen so unerträglichen Schrei ausstoßen, dass der Sammler auf der Stelle tot umfalle. Daher legte man die Wurzel nur teilweise frei und band sie mit einer Schnur am Schwanz eines – in deutschen Landen stets schwarzen – Hundes fest, den man mit einem Leckerbissen weglockte.

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Riss der Hund die Wurzel zur Gänze aus, war er es, der vom gellenden Alraunenschrei getötet wurde, und nicht der Sammler. Der stopfte sich die Ohren zu und übertönte den Schrei zusätzlich mit einem Trompetenstoß.

Bei den Wurzeln in Menschenform fiel es dem Vorstellungsvermögen nicht schwer, zwischen „männlichen“ und „weiblichen“ zu unterscheiden. Hildegard von Bingen erkannte in dieser Geschlechterdifferenz der Alraunen den Nachweis für deren diabolische Kraft als Aphrodisiakum. Tatsächlich kamen sie häufig in Liebeszaubern zum Einsatz.

  • Hildegard hingegen empfahl ein Reinigungsritual: Mit klarem Brunnenwasser gewaschen, also quasi getauft, könne man die Alraune von ihrer gefährlichen Magie befreien und dann sogar zur Keuschheitsförderung um den Hals tragen. Männer sollten dafür weibliche Alraunen, Frauen männliche verwenden.

Alraunen und das Glück

Von jemandem, der Spielglück hat, heißt es in einer alten Wiener Redensart: „Der muss a Oraunl im Sack haben.“ Das „Oraunl“ oder auch „Uraundel“, wie es in Niederösterreich heißt, ist natürlich die Alraunwurzel, die im Ruf stand, ihrem Besitzer zu Liebesglück, Reichtum, Fruchtbarkeit und Gesundheit zu verhelfen – allerdings nur bei guter Pflege.

  • Das hieß, sein Alraunen-Männlein oder -Weiblein ab und zu in Wein zu baden und es stets ordentlich zu betten. So behandelt, versorgte es seinen Eigentümer mit einem täglichen Geldstück unterm Kopfpolster oder verdoppelte jede Münze, die man zu ihm legte.

  • In Niederösterreich glaubte man auch, Alraunen würden in Gestalt eines geflügelten Drachen jeden Tag ein Goldei legen.

  • Schwangeren erleichterte eine Alraune die Geburt.

  • Die Wurzel fungierte auch als prophetischer Hausgeist, konnte aber, wenn sie verstimmt war, Mensch und Tier quälen und krank machen.

Verbunden für die Ewigkeit

Im historischen Aberglauben waren die Alraune und ihr Besitzer auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden. Dem Dilemma war kaum zu entkommen: Starb man als Besitzer einer Alraune, kam man in die Hölle und war dem Teufel ausgeliefert. Zu Lebzeiten loswerden konnte man sie aber auch nicht. Denn es hieß, eine Alraune kehre immer wieder zu ihrem Besitzer zurück. In jedem Fall hatte man für die Zauberkünste der berüchtigten Wurzel – ob im Diesseits oder im Jenseits – einen hohen Preis zu bezahlen.

Seinen Beinamen „Galgenmännlein“ verdankte die Alraunwurzel einer ziemlich makabren Vorstellung, die schon seit der Antike belegt ist: Demnach wachsen Alraunen direkt unter dem Galgen aus dem Harn von gehenkten Verbrechern.

„Der grabt Alrauna undrem Gricht / Loufft weck, das ers hört schreien nicht“, heißt es in einer alchimistischen Schrift aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Mit „Gricht“ ist die Richtstätte, also der Galgen, gemeint. Noch um 1820 ging das Gerücht um, ein Mann habe mithilfe eines schwarzen Hundes unter einem Galgen nahe Göttingen „ein Alruneken“ ausgegraben.

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