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Gute Küche

Kaiserschmarrn: Rezepte und goldene Regeln

Wo kommt er her? Wie wird er luftig und knusprig zugleich? Und was gibt’s dazu? Was man bei der Zubereitung des berühmten Mehlspeisen-Klassikers Kaiserschmarrn beachten sollte.

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Foto: Doris Himmelbauer
Wie der perfekte Kaiserschmarrn gelingt.

1. So wird der Kaiserschmarrn flaumig

Das Geheimnis eines flaumigen Kaiserschmarrns liegt, so versichert der Physiker Werner Gruber, im Zusammenspiel von Luftbläschen und Wasserdampf. Wie die Luft in den Schmarrn kommt, liegt auf der Hand: Wir heben sie mit dem Eischnee unter. Doch genau hier liegt auch der – wenn man so will – wunde Punkt jedes Kaiserschmarrns. „Die meisten Menschen schlagen den Schnee nicht richtig“, weiß Werner Gruber. „Er wird dann zu fest. Dabei werden teilweise das Ovomucin und das Conalbumin – wichtige Eiweißstoffe, die für die Stabilität sorgen – zerstört.“ Anders gesagt: So wird das nix!

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Wer sichergehen will, dass sein Eischnee nicht zu fest ist, dem empfiehlt der Physiker einen kleinen Trick:

Servus Mondpost
  • „Nehmen Sie ein ganzes Ei, egal ob roh oder gekocht, und testen Sie, ob es im Schnee versinkt. Geht das Ei gerade einmal zur Hälfte unter, hat der Schnee die richtige Schmarrn-Konsistenz.“

  • Für die Flaumigkeit benötigt der Teig aber auch Wasserdampf. Werner Gruber: „Der Wasserdampf kann sich dort ausdehnen, wo es Luftbläschen gibt. Ist der Teig zu trocken, entsteht zu wenig Wasserdampf. Dann wird’s nicht flaumig.“

  • Dieses betrübliche Schicksal blüht dem Schmarrn auch, wenn er zu heiß gebacken wird. Dann verfestigen sich die Eiweißstoffe, bevor sich lockernder Wasserdampf bilden kann. „Der Schmäh lautet: niedrige Temperatur wählen und wirklich Zeit lassen.“

Übrigens: Dass ein Schmarrn auf Bergütten besonders flaumig wird, weil aufgrund der dünneren Höhenluft die Luft im Eischnee mehr Platz findet, sich auszudehnen, ist ein gern erzählter Mythos. Für himmlische Flaumigkeit sind die Qualität der Zutaten und die Sorgfalt bei der Zubereitung verantwortlich.

2. Warum Rosinen in den Schmarrn sollten

Kaum eine Schmarrn-Debatte erhitzt die Gemüter so sehr wie jene um die Existenzberechtigung der Rosine. Rosinenfreunde wissen: Apfelstrudel oder Kaiserschmarrn niemals ohne! Und leiden, wenn die Mehlspeisen ohne serviert werden. Rosinengegner können immerhin die Gabel zücken. „Wer keine Rosinen mag“, empfiehlt auch der Wiener Wirt Michael Vesely pragmatisch, „soll sie halt herauskletzeln.“ Auf die Idee, von vornherein keine Trockenfrüchte in den Schmarrn zu mischen, käme er aber nicht.

„Was die Menschen an den Rosinen meist nicht mögen, ist ihre Textur, wie sich das anfühlt im Mund. Gegen den Geschmack hat ja kaum einer was. Deshalb denke ich, die Rosinen sollen beim Backen ruhig ihren Geschmack und ihr Aroma an den Teig abgeben.“ Dann müssen sie halt weichen.

Michael Veselys Empfehlung: „Ich lege die Rosinen vorher in Rum oder Rumwasser ein und gebe sie erst in der Pfanne auf den Teig. Der ist ja ein bisschen dick, da sinken die Rosinen langsam ein, aber nicht so weit, dass sie am Pfannenboden verbrennen.“

3. Wie der Kaiserschmarrn seine Kruste bekommt

Unbestritten ist, dass der Schmarrn eine schöne braune Kruste braucht – sozusagen eine Geschenkverpackung für die innere Flaumigkeit. Wie jedoch diese Kruste zustande kommt, ist variabel.

Für Eilige ist es absolut legitim, den Schmarrn mit der Grillfunktion des Backofens zu überbacken. Dann gilt es aber, daneben stehen zu bleiben und den Bräunungsprozess genau zu beobachten, damit kein Unglück geschieht.

Die hohe Schule des außen knusprigen Kaiserschmarrns sieht das Karamellisieren und Flambieren vor: Der Schmarrn wird zerzupft und noch einmal in der Pfanne durchgeschwenkt. Ein echter Mehlspeisliebhaber hat dafür übrigens eine eigene Pfanne, die er ausschließlich für Süßspeisen verwendet.

Und so wird karamellisiert und flambiert:

  • Beim Karamellisieren wird zunächst Kristallzucker in der leeren Pfanne erhitzt. Sobald er schön braun ist, gibt man frische Butter dazu und schwenkt die Schmarrnstücke darin.

  • Das Flambieren hingegen ist nicht jedermanns Sache. „Ich bin kein großer Freund davon“, sagt Wirt Michael Vesely, „vor allem nicht bei Speisen, die sich beim Übergießen mit Alkohol vollsaugen und nach dem Abbrennen hauptsächlich danach schmecken. Beim Kaiserschmarrn besteht diese Gefahr.“ Wer das typische Rum-Aroma trotzdem mag, dem sei Folgendes angeraten: Rum in einen Schöpflöffel geben, darin anzünden, kurz warten und erst dann über den Schmarrn gießen.

4. Was gibts zum Kaiserschmarrn dazu?

Dass zum Kaiserschmarrn Zwetschgenröster gehört, entstammt derselben Tradition wie das Füllen von Buchteln und Tatschkerln mit Powidl. Die süße Flaumigkeit wird durch etwas Herb-Fruchtiges ergänzt. Die Zwetschge ist dafür als Begleiterscheinung die beste Wahl. Sowohl Volksmund als auch Literatur haben dem Zwetschgenröster sprachliche Denkmäler gesetzt:

  • Da ist zunächst die freundliche Mahnung „mein lieber Freund und Zwetschgenröster“.

  • In Friedrich Torbergs Anekdotensammlung „Tante Jolesch“ gibt’s wegen des Zwetschgenrösters sogar richtig Streit – weil nämlich ein Gast im Wiener Restaurant Neugröschl behauptet, der Zwetschgenröster zu seinem Kaiserschmarrn sei kein Kompott, worauf er vom grobschlächtigen Wirten kurzerhand unsanft vor die Tür gesetzt wird. Der Wirt droht dann auch den anderen Gästen mit erhobener Faust: „Es sind noch ein paar da, die sagen, Zwetschgenröster sind kein Kompott! Aber ich kenn’ sie alle!“

Als Getränk wird zum süßen Schmarrn klassisch Kaffee gereicht. Zur Abwechslung aber gerne auch ein Glas Auslese, vorzugsweise vom Gewürztraminer. „Mit recht viel Restzucker, aber nicht so süß wie ein Eiswein“, sagt Wirt Michael Vesely. „So etwas ist immer spannend zu Nachspeisen: etwas Süßes, aber mit Säure drin, das balanciert Rosinen sich am Gaumen sehr schön aus.“

5. Geschichte des Kaiserschmarrns

Auf der Liste der „Traditionellen Lebensmittel“ trägt der Kaiserschmarrn die Registrierungsnummer 166. Er zählt damit – ministeriell beglaubigt – zum kulinarischen Erbe Österreichs. Erstmals erwähnt wird er 1563 in einer Hochzeitspredigt des deutschen Theologen Johannes Mathesius. Da ist von einem „feisten Schmarrn“ die Rede. Ursprünglich galt er als Armeleuteessen für Bauern und Hirten.

Besonders bei Holzknechten war diese Art von Speise beliebt, denn bei der Waldarbeit im Gebirge musste eine Mahlzeit mit möglichst wenigen Zutaten über offenem Feuer zubereitet werden und ausreichend sättigen. Auch deshalb bringt das „Große Sacher Kochbuch“ das Wort Schmarrn mit Schmer in Verbindung – also mit jenem Schweineschmalz, das dem Schmarrn seine Nahrhaftigkeit verlieh.

Eine Vorläuferversion des Kaiserschmarrns ist das Muas; aus Tirol bekannt ist das Holzer-muas. Es entspricht zumindest annähernd unserem heutigen Schmarrn, nur wurde es meist ohne Eier zubereitet. Verirrten sich doch Eier ins Holzermuas, hieß es Oamiasl.

Erst im 19. Jahrhundert hielt die Schmarrnzubereitung in der städtisch-bürgerlichen Küche Einzug. Um 1835 herum findet sich auf der Speisekarte im Wiener Gasthaus „Zum Sperrl“ die erste Nennung jenes Schmarrns, der heute ein Botschafter der Wiener Küche ist: Kaiserschmarrn mit Zwetschgenröster. Leider entzieht diese Erwähnung allen Legenden, nach denen Kaiser Franz Joseph dem berühmten Schmarrn Pate stand, den Boden – der spätere Kaiser war damals nämlich fünf Jahre alt. Immerhin ist der Kaiserschmarrn der König der kulinarischen Kultur des Zerstückelns und Zerreißens.

Einen Schmarrn gibt’s ja auch mit Semmeln, Grieß, Kipferln oder Topfen bzw. Quark. Michael Vesely, Wirt im Wiener Gasthaus Reisinger’s und großer Schmarrn- Freund: „Auch wenn es keine genaue Erklärung für den Schmarrn gibt, so ist er jedenfalls etwas, was zugleich flaumig und zerstückelt daherkommt.“

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