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Gute Küche

Kärntner Kirchtagssuppe: Geschichte und Rezepte

Mit teuren Gewürzen wurde früher am Tag der Kirchweihe Wohlstand im kargen Alltagsleben demonstriert. Ohne die mit edlem Safran gelb gefärbte Kirchtagssuppe kommt auch heutzutage kein traditionelles Kärntner Volksfest aus.

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Foto: Eisenhut & Mayer
Zeigt her eure Suppen: Mit der Kirchtagssuppe wollte man früher zeigen, was man sich leisten kann. Hier mit Bier und Reindling.

Inhalt:

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Was ist in einer traditionellen Kirchtagssuppe?

  • Bertram und Lustock heißen in Kärnten die beliebten Kräutlein, die der Kirchtagssuppe ihren außergewöhnlichen Geschmack verleihen. Estragon und Liebstöckel sagt man anderswo dazu. Aber die beiden allein machen noch keine echte Gelbe oder Saure Suppe aus.

  • Da sind noch Zimt und Zitrone, Neugewürz (Piment) und Lorbeer – und, als farbgebende Krönung, Safran.

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„Gewürze waren immer ein Ausdruck des Wohlstands“, erzählt die Gailtaler Köchin Sissy Sonnleitner. Und sie weiß wovon sie redet, lebt sie doch in Kötschach-Mauthen an der ehemaligen Via Iulia Augusta, auf der seit den Römertagen Waren aus aller Herren Länder vom Meer über die Alpen gekarrt wurden; so machte man in Kärnten schon früh Bekanntschaft mit exotischen Zutaten.

Gewürze waren immer ein Ausdruck des Wohlstands.
Köchin Sissy Sonnleitner

Die Lebensumstände bestimmten früher die Zutaten

  • In den Karawanken wurde, weil sich dort die meisten Schafweiden befanden, vor allem Schäpsernes verwendet. Wild und Huhn, heute durchaus gebräuchlich, kamen nur selten in das Festtagsgericht. Die Jagd war bis 1850 ein Feudalrecht. Und Hühner gab es nur wenige; sie galten wegen des Mais- und Getreidefutters als Nahrungskonkurrenten des Menschen.

  • Wem Safran zu teuer war, der verwendete den ebenfalls färbenden, aber geschmacksneutralen Bauernsafran aus den Blüten der Färberdistel. Saflor, wie die Pflanze auch genannt wird, wurde oft angebaut, aus den Samen presste man Öl.

Geschichte der Kirchtagssuppe

Mit einem raffinierten Trick behalfen sich jene Dörfer, in denen der Schutzpatron der Kirche seinen Namenstag im Winter feiert; traditionell hatte ja der Kirchtag am Sonntag nach diesem Namenstag stattzufinden. Historiker Wilhelm Wadl: „Man hat dann einfach einen Nebenpatron gesucht, der im Sommer geehrt wird.“ Schließlich gehören zu einem Teller Kirchtagssuppe auch Musik und Tanz im Freien.

Es ist der enorme Unterschied zwischen Alltags- und Festtagskost, der die Kirchtagssuppe in früheren Jahrhunderten ausmachte. Zeigen, was man hat und was man sich leisten kann – darauf kam es an.

  • Neben den Tagen der Kirchweihe, dem Ursprung des Kirchtags, galt das auch zu Weihnachten und Ostern, bei Hochzeiten und Leichenschmäusen.

  • „Das ganze Jahr über“, sagt Wilhelm Wadl, der Leiter des Kärntner Landesarchivs, „wurde nur mit dem gekocht, das man hatte. Es gibt Regionen, in denen weniger als zehn Alltagsgerichte auf dem Jahresspeiseplan gestanden sind. Für Feste aber sind die Leute in die Stadt zum Kolonialwarenhändler gegangen.“

Eine anschauliche Schilderung dieser Ausnahmesituation auf dem Lande findet sich auch bei Peter Rosegger, der zu Weihnachten in seiner steirischen Waldheimat „Safran um zwei Groschen und Neugewürz um zwei Kreuzer“ besorgen soll.

Varianten der Kirchtagssuppe mit Rezepten

Je nach Region entstanden mehrere Varianten der Kirchtagssuppe. Es gibt neben der bekannten Gailtaler auch eine Rosentaler und eine Mülltaler Variante, eine aus Villach und eine aus den Nockbergen. Und die Dunkelziffer traditioneller Familienrezepte ist unabschätzbar.

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